Ein Resümee Reiten der Olympischen Spiele von London 2012
Olympische Helden – Ein persönliches Resümee im Reiten der Olympischen Spiele von London 2012
London 2012 ist Geschichte – auch der Letzte dürfte dies angesichts der grandiosen Schlussfeier am Sonntagabend gemerkt haben. Dabei hatte man zwei Wochen lang mit den Sportlern gejubelt, gelitten und die ein oder andere Träne stand einem schon in den Augen – vor Freude oder wegen dem Schreck, dass es doch nicht so geklappt hatte wie man es sich vorgestellt hatte.
Zum ersten Mal habe ich täglich über die Spiele berichtet, damit meine will-reiten.de Leser hautnah dabei sein konnten. Ich habe viel positives Feedback bekommen, für das ich mich an dieser Stelle nochmal bedanken möchte. Damit hat mir die Arbeit noch einmal mehr Freude gemacht – und ich freue mich schon, eine solche Berichterstattung vielleicht bei Welt- und Europameisterschaften zu wiederholen. In den nächsten Wochen werdet ihr hier auch noch den ein oder anderen Bericht zu den Paralympics finden – denn die Reiter mit Handicap haben hier auch einen Platz verdient (und werden hoffentlich auch viele Medaillen mit nach Hause bringen).
Nun aber zu meinem ganz persönlichen Resümee meiner Helden von London 2012…
- Michael Jung
- Sandra Auffarth
- Ingrid Klimke
- Helen Langehanenberg
- Charlotte Dujardin
- Unsere beiden Dressur-Mädels Kristina Sprehe und Dorothee Schneider
- Hiroshi Hoketsu
- Meredith Michaels-Beerbaum
- Janne Friederike Meyer
- Steve Guerdat
Michael Jung
Er ist natürlich unser aller Held! Er ist der König der Vielseitigkeit und wird uns bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben, wie er zunächst Deutschland das Gold bescherte und sich dann noch an seinem 30. Geburtstag mit Einzelgold beschenkte. So einen Athleten brauchen wir in Deutschland, er macht die Reiterei in den Medien bekannt wie wenige sonst.
Michi ist nicht nur ein großer Sportler, sondern auch eine herausragende Persönlichkeit – immer nett und freundlich. Er kann vom Reiten gar nicht genug bekommen, sagt er – und wer ihn in London gesehen hat, der glaubt vom ersten Moment an, dass er bei all dem Druck, der auf ihm lastete, trotzdem Spaß hatte.
Portrait von Michael Jung
Sandra Auffarth
Sie war im vergangenen Jahr der Shooting Star im deutschen Team, als sie in Luhmühlen bei der EM in der Vielseitigkeit Gold holte. Noch mehr begeistert hat uns die coole Blonde in London bei Olympia! Als wäre jegliches Lampenfieber für sie ein Fremdwort fegte sie durchs Gelände und über den abschließenden Parcours. Immer an ihrer Seite der hochtalentierte „Wolle“ Opgun Louvo. Belohnt wurde dies mit Einzelbronze und Mannschaftsgold. Eine große Karriere steht hier gerade erst an ihrem Anfang.
Portrait von Sandra Auffarth
Ingrid Klimke
Manch einer, der ihren Braxxi nicht kennt, der dürfte denken, dass zwei Abwürfe im Parcours doch viel wären. Aber nicht für Abraxxas – er zeigte hier eine seiner besten Leistungen! Dass sie mit ihm keine Einzelmedaille holen konnte, das war Ingrid klar, also war sie mit Mannschaftsgold völlig zufrieden und wollte ihrem Pferd den zweiten Parcours ersparen. Dirk Schrade sollte als dritter Deutscher ins Finale vorrücken. Er hätte in diesem sogar berechtigte Medaillenchancen gehabt. Doch leider ließ das Reglement der FEI dies nicht zu… Schade! Ingrid gebührt für diese Entscheidung dennoch unsere Anerkennung!
Portrait von Ingrid Klimke
Noch ein Wort zur Vielseitigkeit: Unsere deutschen Starter haben hier allesamt auf ganzer Linie überzeugt: Drei von vier möglichen Medaillen! Großartig, unglaublich, fantastisch – ich glaube, all diese Superlative können die Leistung noch nicht genug würdigen. Hut ab, was unsere Buschis seit Athen 2004 immer wieder drauf haben!
Helen Langehanenberg
Auch wenn es am Ende zu keiner Einzelmedaille reichte, ist Helen für mich die Heldin der Spiele. Weil sie sich als Vierte trotzdem freuen konnte und vor allem ihren Damon Hill über alles lobte. Immerhin hat er sie zu Mannschaftssilber getragen – und damit dieser jungen Dame ihre erste Olympische Medaille beschert. Zu Einzelbronze war es dann ein Wimpernschlag – trotzdem klasse!
Portrait von Helen Langehanenberg
Charlotte Dujardin (GBR)
Charlotte hat ein tolles Pferd mit Valegro, ein Pferd, das alles kann. Und dennoch musste sie dem Druck von außen, den das gesamte britische Publikum und die Presse auf sie wälzte, erstmal klar kommen. Sie hat es grandios gemeistert und ist nun Doppelolympiasiegerin. Wollen wir hoffen, dass sie ihr Pferd Valegro, für das mittlerweile Millionensummen geboten worden sein sollen, auch weiterhin behalten darf.
Unsere beiden Dressur-Mädels Kristina Sprehe und Dorothee Schneider
Die eine gerade erst von den jungen Reitern gekommen, die andere noch nie bei einem Championat dabei – was sie aber zeigte, war große Dressurkunst und feine Reiterei. Und wenn man sich zu persönlichen Bestleistungen steigern kann – dann hat man alles richtig gemacht!
Portrait von Kristina Sprehe
Portrait von Dorothee Schneider
Hiroshi Hoketsu (JPN)
Nur einen Kurzauftritt im Grand Prix hatte der 71-jährige Japaner mit seiner Stute Whisper. Doch dass ein Mann in diesem Alter überhaupt noch zu den Spielen reist und all das Training auf sich nimmt, das ist beeindruckend! Ein kleiner Held unter all den Großen, der das „dabei sein ist alles“ in Perfektion verkörpert.
Ein Wort zum deutschen Dressurteam: Große Leistung von drei Olympia-Debütantinnen in der Mannschaftswertung. Sie alle kämpfen, steigern ihre Bestleistungen, reiten zu Silber und ärgern sogar die favorisierten Briten, die sich zumindest sehr anstrengen müssen, um ihr Gold in trockene Tücher zu bringen. Super gemacht, der verstorbene Bundestrainer Holger Schmezer wäre stolz auf diese Truppe gewesen. In der Kür hatten alle drei dann leider etwas Pech. Wäre der kleine Wackler bei Helen nicht passiert, hätte sie sicher Bronze gehabt. Kristina und Doro wurden leider etwas zu hart bei den Noten abgespeist. Aber das ist das Risiko, wenn man noch nicht die große Bekanntheit erlangt hat, in einer subjektiven Sportart.
Meredith Michaels-Beerbaum
Sie war im Springreiten unsere Heldin. Nicht weil sie eine Medaille gewonnen hätte – dazu reichte es ja bekanntlich weder mit der Mannschaft, noch im Einzel – sondern weil sie das vielversprechendste Pferd für die nächsten Jahre in London präsentierte. Ihre Bella Donna hat mit zwei Nullrunden in London bewiesen, dass sie eine ganz Große werden wird. Vielleicht wird sie in die Hufspuren des legendären Shutterfly springen – und man denke daran, der hat mit neun Jahren auch noch keine großen Titel gewonnen.
Portrait von Meredith Michaels-Beerbaum
Janne Friederike Meyer
Sie ist eine Heldin, weil sie weiß, wann auch mal Schluss sein muss. Ihr Cellagon Lambrasco hat drei Jahre lang alles für sie gegeben, hat sie zu Welt- und Europameistertiteln und zu den Olympischen Spielen gebracht – all das, wovon ein Sportler träumen kann. Nun darf er kleinere Springen gehen, muss nicht mehr über seine Möglichkeiten agieren. Er hat sein Kämpferherz genug für Janne eingesetzt und das dankt sie ihm nun! Respekt vor solch einer Entscheidung!
Portrait von Janne Friederike Meyer
Steve Guerdat (SUI)
Steve Guerdat war schon so oft „nah dran“. Oft musste er sich dem genialen Shutterfly geschlagen geben. Oft hatte ein Abwurf den ganz großen Triumpf verhindert. Er hatte ein Pferd wie Nino verdient, das ihn nun zu allerhöchsten Ehren trug. Er ist ein würdiger Olympiasieger, er war einfach dran.
Ein Wort zu unseren Springreitern: Natürlich hatten wir alle mehr erwartet. Aber wir hatten im Nationenpreis einen Abwurf zu viel. Sonst wäre noch alles möglich gewesen, auch eine Medaille. Wir waren nicht schlecht und wir hatten gute Einzelleistungen. Plot Blue und Lambrasco haben keine große Karriere mehr vor sich, leider konnten beide Reiter ihren Pferden nicht mehr den gewünschten Abschluss bescheren. Bella Donna steht erst am Anfang ihrer Laufbahn – das gibt doch Hoffnung für die Zukunft!
Und noch ein Wort zu meinen Favoriten vor den Spielen: In der Vielseitigkeit lag ich damit „goldrichtig“ – nur die ausländische Konkurrenz hatte ich aus anderen Nationen stärker eingeschätzt. Sowohl Australien als auch die USA haben mich schon enttäuscht.
In der Dressur war der Kampf um Gold ja schon im Vorfeld ziemlich klar, wir wussten alle um die Stärke der Briten. Große Überraschungen waren hier nicht zu erwarten.
Im Springen hatte ich ziemlich daneben gelangt mit meinen Vermutungen (aber wie zu erfahren war, haben das die meisten Journalisten): Ich habe die Briten auch im eigenen Land nicht so stark eingeschätzt, auch nicht die Holländer und schon gar nicht die Saudis. Frankreich, USA, Deutschland – alle waren sie raus, die vermeintlichen Favoriten.
Nur Steve Guerdat – mit dem hatte ich dann doch gerechnet – und er hat´s verdient!
Vor allem freue ich mich über eins: (Noch) keine gedopten Pferde oder ein erneuter Medikationsskandal. Alle Stürze und Unfälle gingen glimpflich ab! Wir haben wenige unschöne Bilder in der Dressur gesehen – wenn man die Augen vor denen, die da waren auch nicht verschließen darf!
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