Favoriten Olympia 2012 in London – Reiten
In den letzten Wochen hörte man im Fernsehen oder las man in Zeitschriften von vielen Pferdesport-Experten und Turnierreitern ihre Favoriten für Olympia 2012 in London. Letztendlich sind diese immer eine subjektive Auswahl – und häufig gab es ja auch schon Favoritenstürze und alles kam ganz anders als man dachte. Dennoch möchte ich nach fast einem halben Jahr Begleitung unserer deutschen Reit-Stars mit vielen Porträts und Berichten einmal meine persönlichen Favoriten erörtern.
Favoriten Dressur
Lange sprach man nur von Matthias Rath und Totilas – warum eigentlich? Mit Helen Langehanenberg und Damon Hill haben wir in Deutschland ein Traumpaar, das meiner Meinung nach eine Medaille in jedem Fall in der Kür holen wird. Im Grand Prix Special schätze ich außerdem Kristina Sprehe enorm stark ein, wenn die junge Reiterin – wie bisher immer – die Nerven behält. Eine Einzelmedaille ist für beide möglich.
Gold für Helen, das wäre natürlich ein Traum, aber für die Medaillen gibt es für mich drei große Favoriten: Helen, Charlotte Dujardin mit Valegro und Carl Hester mit Uthopia – beide aus dem Land der Olympischen Spiele Großbritannien. Hier könnte dann noch ein gewisser Heimvorteil zum Tragen kommen, wenn beide die Nerven behalten. Außerdem möchte ich auch Adelinde Cornelissen nicht außer Acht lassen, auch wenn sich ihr Parzival bei den letzten Turnieren noch nicht in Top-Form präsentierte. Am Tag X sind die beiden fast immer voll da! So lege ich mich dann wohl auf 5 Paare für den engsten Medaillen-Kreis fest. Noch nicht gut einschätzen kann man Steffen Peters mit Ravel aus den USA – immer für eine Medaille gut, aber in Europa kaum zugegen.
Die Mannschaftswertung wird wohl ein Zweikampf Deutschland gegen Großbritannien werden… Deutschland ist Seriensieger in der Dressur bei Olympia, wenn sie verlieren würden, würde eine seit 1972 andauernde Serie reißen – großer Druck. Den haben aber auch die Briten im eigenen Land. Fakt bleibt: unserem jungen deutschen Team ist alles zuzutrauen. Um Bronze werden sich wohl Dänemark und die Niederlande „streiten“.
Favoriten Springen
Hier ging einiges drunter und drüber bei den deutschen Springreitern. Dennoch zählen sie mit der Mannschaft zu den absoluten Gold-Favoriten – eine Medaille ist in jedem Fall drin! Konkurrenten sind mit Sicherheit die USA, die mit der gerade erst 18 Jahre alt gewordenen Reed Kessler allerdings einen Unsicherheitsfaktor in Sachen Nervenstärke haben und deren McLain Ward und Beezie Madden ihre besten Pferde verabschiedet haben – trotzdem ein ganz starkes Team ebenso wie Frankreich, die ich auch zum Goldkreis zähle, alle vier Reiter sind hier enorm stark und ein schwächeres französisches Team hat die Deutschen in Aachen auf Platz zwei verwiesen. Zum erweiterten Favoritenkreis zählen für mich die Schweizer und die schwer einzuschätzenden Kanadier, die jedoch auch in Hongkong 2008 mit Silber überraschten.
Das Einzel ist im Springen immer eine Lotterie. Anders als bei Weltmeisterschaften wird das Einzel in einem vom Team separaten Springen in zwei Runden ausgetragen, da kann viel passieren. Viele Experten sehen Nick Skelton mit dem erst neunjährigen Big Star als Top-Favoriten an – ich habe noch meine Zweifel. Aber ganz sicher ist es möglich, dass er gewinnt. Die Favoriten hier zu nennen ist nicht einfach, es entsteht in meinem Kopf eine Liste… es wird nach Tagesform entschieden werden. Wie wird der Parcours aussehen, welches Pferd kommt damit am besten zurecht? Steve Guerdat und Nino de Buisonnets (SUI), Billy Twomey und Tinka´s Serenade (IRL), Nick Skelton und Big Star (GBR), Richard Fellers und Flexible (USA), Rolf-Göran Bengtsson und Casall (SWE), Philippe Le Jeune und Vigo D´Arsouilles (BEL) sowie Edwina Alexander und Itot de Chateau (AUS) sind meine Favoriten aus dem Ausland. Zudem hat JEDER der deutschen Reiter eine Chance ganz vorn mit dabei zu sein. Im Einzel wird neu gezählt – wer noch dabei ist, bekommt die Chance (es dürfen nur drei pro Nation und 35 Reiter insgesamt starten): Janne Meyers Lambrasco wirkt leider oft ein wenig schlapp nach vielen Wettkampftagen, für Marcus Ehnings Plot Blue gilt Ähnliches, Christian Ahlmanns Codex One hat Weltklasse, doch unterläuft ihm auch mal in einer entscheidenden Situation ein Abwurf und Meredith Michaels-Beerbaums Bella Donna ist einfach noch sehr jung, wenn auch zu allem, vor allen Dingen zu echten „Gewaltsprüngen“ fähig, die im olympisch hohen Stangenwald sicherlich nicht von Nachteil sind… Mit Glück kämpft einer oder mehrere von ihnen um Einzel-Gold oder eine Medaille.
Favoriten Vielseitigkeit
Michael Jung und Deutschland – das hört man ganz häufig, wenn es um die Vielseitigkeits-Favoriten geht. Und ja, da stimme ich völlig überein. Es wird schwer, Michi zu schlagen: Er reitet eine brillante Dressur, ist im Gelände sicher und behält im Parcours die Nerven wie kaum ein anderer. Er ist und bleibt Top-Favorit.
Ebenso die deutsche Mannschaft, die aber Konkurrenz aus Großbritannien (mit Heimvorteil) und Australien sowie den USA erwarten darf. Doch wenn alles gut geht, ist Deutschlands exzellente Dressurarbeit der Schlüssel zum Erfolg.
Noch einmal zum Einzel: Favoriten gibt es natürlich auch neben Michi Jung. Sandra Auffarth und Opgun Louvo zum Beispiel – sie behält auf unnachahmliche Art und Weise die Nerven, klasse für solch eine junge Reiterin. Und dann habe ich auch noch Ingrid Klimke auf der Liste, wenn ihr Braxxi nicht wie so oft im Parcours die Beine hängen lässt. Springt er sicher, dann ist für sie alles möglich! Aus dem Ausland gibt es Konkurrenz beispielsweise von William Fox-Pitt auf Großbritannien, dessen Top-Pferd aber ausfällt, von den Australiern um Christopher Burton, dem Ehepaar Fredericks und Andrew Hoy, die alle eine Medaille erreichen könnten, ferner Andrew Nicholson aus Neuseeland mit Nereo, Sara Algotsson-Ostholt (Ehefrau von Frank Ostholt) mit Wega, Philipp Dutton und Karen O´Conner aus den USA.
Die Besten sollen letztendlich gewinnen… und die Hoffnung bleibt, dass es dieses Mal keine Medikations- und Dopingfälle wie in Athen oder Hongkong geben wird…
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In der Dressur ist mein Favorit für Olympia ebenfalls Carl Hester, der bereits 2 Jahrzehnte Turniererfahrung vorzuweisen hat. In den letzten beiden Jahren hat er einige beeindruckende Ritte vorgeführt, an die meist nur Charlotte Dujardin herankam. Das Team aus England ist wahrlich stark und wird für die deutschen Reiter eine harte Nuss.