Dressur – Grand Prix Special – Entscheidung Mannschaft – Olympia London 2012
Der Tag der Entscheidung für die Mannschaften in der Dressur begann mit einem souveränen und schönen Auftritt von Anabel Balkenhol und Dablino. Dieses Pferd wird zwar nie diese Höhepunkte haben wie sie Damon Hill, Desperados und Diva Royal in London zeigen, aber wir freuen uns, dass er nicht wieder so ängstlich und unsicher auftrat wie vor einigen Tagen im Grand Prix. Dablino hatte an Sicherheit gewonnen und „Belli“ brachte ihn sicher durch die Lektionen. Sein Schritt ist nach wie vor kein Highlight und auch die Piaffen sind es nicht, aber alles andere war schön anzusehen, vor allem auch die Verstärkungen.
Dressur Grand Prix Special – Entscheidung Mannschaft
- Anabel Balkenhol überzeugte – nur nicht die Richter
- Dorothee Schneider untermauert Anspruch auf die Silbermedaille
- Kristina Sprehe überzeugt – trotz kleinem Hopser
- Großbritannien mit Carl Hester und Laura Bechtolsheimer imponiert
- Helen Langehanenberg reitet wunderschön
- Das Ergebnis: Großbritannien Gold, Silber für Deutschland in der Dressur
Anabel Balkenhol überzeugte – nur nicht die Richter
Da hat er einfach seine Stärken. Mit 73,032 Prozent finde ich, dass die Richter das Paar ein bisschen zu streng bewertet haben. An die 75 oder 76 Prozent hätte das durchaus geben können! Aber wir kennen ja alle das Bild, das sich bei den Richtern zu schnell einprägt. Und das war wohl das des Dablino mit dem kleinen unsicheren Herzchen. Aber trotzdem, Anabel Balkenhol und Dablino können stolz sein auf diese Leistung – Deutschland ist es auch! Ihr ward super!
Dorothee Schneider untermauert Anspruch auf die Silbermedaille
Dorothee Schneider hatte dann eine schwere Aufgabe und Bürde zu tragen. Mehr als drei Stunden nach Einzelreiterin Anabel Balkenhol war sie dran – unter den besten vier Mannschaften Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Dänemark. Unter ihnen wird wohl der Kampf um die Medaillen entschieden.
Und Dorothee Schneider untermauerte, dass Deutschland in jedem Fall Anspruch hat auf Silber. Brillant begannen Doro und Diva, gleich der starke Trab ein Highlight. Aber natürlich auch die Piaffen und Passagen, die bei Diva einfach immer wunderbar anzusehen sind. Und der Schritt, in dem Stute wahrlich zu den besten Pferden der Welt gehört. Wieder trat Diva in die Umgrenzung des Vierecks wie es auch schon im Grand Prix gewesen war, aber dieses Mal schien die Stute es überhaupt nicht zu bemerken so sehr war sie bei ihrer Reiterin. Vielleicht nicht ganz perfekt die Pirouetten, aber auf solch hohen Niveau kann man eigentlich nicht jammern, sondern nur noch überlegen, was die anderen denn noch besser machen könnten.
Am schönsten war es jedoch zu sehen, wie sehr sich Dorothee freute und wie losgelassen und zufrieden Diva Royal aus dem Viereck ging. Wie schnell sich dieses wunderbare, erst 10-jährige Pferd doch an diese Atmosphäre gewöhnt hat. Doch nie waren Diva und Doro so gut wie heute – 77,571 Prozent in einem Grand Prix Special! Großartig! Und auch im Einzel die Qualifikation für die Kür.
Kristina Sprehe überzeugt – trotz kleinem Hopser
Und was dieser Ritt von Diva Royal und Dorothee Schneider wert war, das sollte man wenig später erfahren. Es ist nicht so einfach, tatsächlich fehlerfrei durchzukommen durch solch eine Prüfung. Das musste auch Kristina Sprehe erleben, denn ihr Desperados war heute ein wenig angespannt und nervös. Das hatte Kristina zunächst gut im Griff, denn sie konnte ihn mit all seinen Stärken präsentieren. Aber in der Passage machte Desperados dann einen Hopser nach vorne – hatte er sich erschrocken oder war es nur die Anspannung, die ihn ausbrechen ließ? Laut seiner Reiterin ist Letzteres zu vermuten. Beeindruckend war jedoch, wie sich das Paar sofort wieder fing und solch tolle Lektionen wie die Trab- und Galoppverstärkungen oder die Fliegenden und Einerwechsel zeigte, das verdient allerhöchsten Respekt!
Leider mussten halt dennoch die Noten etwas zurückgeschraubt werden, so sehr man es sich für Deutschland auch anders gewünscht hätte. 76,254 Prozent gab es für Kristina Sprehe. Im Vergleich zur perfekten Übung von Dorothee mussten einige Abstriche gemacht werden, auch wenn die Ausdrucksstärke des Desperados nochmal beeindruckender war als die von Diva Royal.
Man muss sagen, dass es eigentlich schon nach diesem Ritt klar war, dass Deutschland Gold wohl nicht mehr würde holen können. Es war von vornherein eine kleine Chance gewesen für diese junge deutsche Mannschaft, die erst im Laufe dieses Jahres zusammengefunden hatte im Gegensatz zu den Briten, die doch alle schon ihre Championatserfahrung haben.
Großbritannien mit Carl Hester und Laura Bechtolsheimer imponiert
Schon nach dem Ritt des ersten Briten Carl Hester mit seinem imposanten Hengst Uthopia musste man eingestehen, dass dieses Team heute noch einmal eine Schippe drauflegen wollte und dass sie dazu auch imstande waren. Uthopia hat man schon lange nicht mehr so gut gesehen. Es war heute wohl sein bester Auftritt seit den Europameisterschaften im vergangenen Jahr. Heute hat der Hengst gezeigt, dass er auch durchaus für eine Einzelmedaille gut ist – mit einer Leistung von 80.571 Prozent (auch wenn hier die Richtermeinungen sehr weit auseinander klafften und man sich fragt, wie der Richter bei K zu einem derart hohen Prozentsatz gekommen ist). Da war der Abstand zwischen Großbritannien und Deutschland schon sehr groß geworden. Und noch größer wurde er, als auch Laura Bechtolsheimer mit Mistral Hojris, dem 17-jährigen Dänen, mit 77.794 Prozent besser war als Doro Schneider und Kristina Sprehe. Auch Laura hatte einige Hänger, aber insgesamt fielen diese nicht so sehr ins Gewicht wie bei Kristina. Dass Laura besser bewertet wurde als Dorothee, das hat wohl vor allem mit dem größeren Namen zu tun, den die Britin schon hat, eine Dorothee Schneider müssen die Richter tatsächlich erst kennenlernen und einschätzen… das dauert ja bekanntlich immer etwas länger (in Doros Fall vielleicht zu lang, da ja Besitzerin Stella Roth zukünftig die Stute wieder reiten wird). Aber mal ehrlich: Wer hätte es der sympathischen Britin nicht gegönnt, ihrem Wallach kurz vor seiner Verabschiedung noch solch eine Medaille (und die damit verbundenen Möhren und Äpfelchen ;-) zu schenken?! Ob man ihn noch einmal beim Championat wiedersieht, ist schließlich fraglich… Und die Schülerin von Klaus Balkenhol war schon lange einmal „dran“.
Helen Langehanenberg reitet wunderschön
Als letzte Deutsche ritt dann Helen Langehanenberg ins Viereck. Sie musste noch einmal vorlegen, was Charlotte Dujardin aus Großbritannien dann zu schlagen hatte. Aber es hätte schon ein Jahrhundertritt werden müssen, um Gold zu gewinnen. Helen jedoch ritt eine sehr, sehr gute, aber nicht ihre beste Vorstellung. Aber es war einfach wunderschön anzusehen, diese Harmonie und Einheit, die Helen und Dami bilden. Wunderschöne Stärken im Schritt, in den Verstärkungen, Pirouetten… und vielem, vielem mehr. Doch auch ein kleiner Wackler in der Passage, der nicht hätte sein müssen, aber der eben passieren kann. Wir erinnern uns ja noch an Damis Hopserchen in Aachen in der Schlussaufstellung – das wäre heute noch mehr ins Gewicht gefallen als das, was letztendlich passiert war. Aber das macht das Pferd ja auch sympathisch – er ist halt ein Hengst, der auch gerne mal zeigt, dass er einer ist und seinen Charakter hat. Mit 78.937 Prozent wurde eine überglückliche Helen Langehanenberg heute bewertet, mit der man sich nur mitfreuen konnte.
Das Ergebnis: Großbritannien Gold, Silber für Deutschland in der Dressur
Freuen über Silber, eine Medaille die ganz sicher kein verlorenes Gold war, sondern eine gewonnene Medaille, die von allen erkämpft worden war. Wir sind jedenfalls stolz auf unsere Silber-Mädels!!!
Gold ritt dann Charlotte Dujardin nach Hause mit einer großartigen Vorstellung, die mit 83.286 Prozent Tagesbestleistung bedeutete. Ich bin gespannt, ob man Charlotte und Valegro übermorgen in der Kür tatsächlich wird schlagen können – wenn sie in dieser Form reitet, wird es sehr schwierig. Aber man gönnt es dieser so schön reitenden, jungen Britin ja auch!
Gold feierten die Briten, Silber die Deutschen! Und Bronze ging an die Niederlande. Die zeigten einen in die Jahre gekommenen Superstar Salinero (mittlerweile 18 Jahre alt) mit Anky van Grunsven, einen jungen Undercover unter dem Spitzenreiter Edward Gal und Parzival unter Adelinde Cornelissen, die als letztes Paar ins Viereck kamen. Auch sie bewiesen nochmal, dass sie absolute Medaillenkandidaten sind: 81.968 Prozent. Damit wird es wohl auch in zwei Tagen wieder einen Kampf geben zwischen Charlotte Dujardin, Carl Hester, Adelinde Cornelissen, Helen Langehanenberg und auch Kristina Sprehe. Möge der/die Bessere gewinnen!
Heute jedenfalls, da sah man bei der Siegerehrung nur strahlende Gesichter. Allen voran zeigten sich natürlich drei glückliche deutsche Mädchen am Ziel ihres großen Traums! Einmal zu Olympia und einmal eine Medaille! Noch vor einem Jahr hätte das wohl keine von ihnen wirklich gedacht…
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Doch das war der Sostmeier, allerdings etwas gemäßigter als bei der Vielseitigkeit oder beim Springen (da gehen ja vor Enthusiasmus die Pferde manchmal mit ihm durch)… der Livestream vom ZDF war ganz offensichtlich von der ARD kommentiert (und der von der ARD vom einem ZDF Moderator… warum auch immer).
Sostmeier kann sich manchmal halt auch im Griff haben… bei der Dressur ist er – soweit ich das aus der Vergangenheit weiß – immer eher ruhig und nicht so überschäumend.
Hallo Barbara,
der Kommentator, der gerade auch die Kür kommentiert? Das ist Carsten Sostmeier… er ist in jedem Fall der beste Kommentator in Sachen Reitsport, den wir momentan haben. Anders als der Kommentator, der nachher wieder in der TV Übertragung dran sein wird…
Richter ist er nicht, aber Ahnung hat er auf jeden Fall und ist ein Pferdemensch.
Grüße,
Alexandra
Vielen Dank für deine Antwort – aber bist du dir sicher? Habe natürlich keine Ahnung, aber ich habe Sostmeier in der ARD beim Vielseitigkeitsreiten gehört, das schien mir eine andere Stimme zu sein (und ein anderes Temperament :-)). Ich schaue gerade ZDF-Livestream, ich denke, das ist jemand anderes…???
Weiß jemand, wer der einfühlsame Kommentator im ZDF-Livestream für das Dressurreiten ist? Er gefällt mir sehr gut, es scheint auch, als wäre er selbst Richter, auf jeden Fall ist er sehr versiert.
Grüße
Barbara