Dressur – Grand Prix – Tag 1 – Olympia London 2012
Heute geht es für die deutschen Dressurreiter los mit dem Mannschaftwettkampf – und für Anabel Balkenhol natürlich mit ihrem Einzelauftritt.
In den letzten Tagen sah man beim Training der Dressurreiter leider einige Bilder, auf die man auch hätte verzichten können. Beispielsweise sah man bei Patrik Kittel aus Schweden eine Hyperflexion (Rollkur), die man nicht mehr wirklich als pferdefreundlich bezeichnen konnte.
Erster Tag Dressur – Grand Prix
- Anabel Balkenhol
- Olympia Top-Favorit Carl Hester
- Dorothee Schneider – ein perfekter Ritt
- Laura Bechtolsheimer – die Britin mit einer klasse Vorstellung
Anabel Balkenhol
Heute nun ging kurz nach 12 Uhr Anabel Balkenhol mit ihrem 12-jährigen Hannoveraner Fuchswallach Dablino ins Olympische Viereck. Man sagt von ihm, dass er ein kleines, pochendes Hasenherz hätte – leider auch im olympischen Viereck. Es wäre mehr drin gewesen für die beiden, auch wenn der Auftritt im Vergleich zu dem, was die meisten Reiter zeigen am Anfang des Feldes, noch sehr gut ist.
Aber die Patzer in den ersten Minuten, als Dablino sehr aufgeregt und nervös wirkte, die hätte nicht sein müssen. In der Trabtour galoppierte Dablino zwei Mal an – das war sicherlich durch die Spannung, die zu diesem Zeitpunkt im Pferd steckte, verursacht. Doch Anabel kennt ihren Dablino schon lange und konnte im weiteren Verlauf zum Glück mehr Ruhe in ihren Ritt hineinbringen – der Fuchs akklimatisierte sich langsam im Viereck. Wirklich klasse waren seine Pirouetten und die Wechsel, die fehlerfrei gelangen – wie alles zum Ende der Prüfung hin. Auch die Trabverstärkung – super. Doch natürlich kann eine Prüfung mit Fehlern nicht so hoch gewertet werden – und so reichte es nur zu 70,973 Prozent. Aber für die besten 11, die sich für den Grand Prix Special qualifizieren unter den Einzelstartern in London sollte es für Anabel und Dablino auf jeden Fall reichen.
Olympia Top-Favorit Carl Hester
Ihren ersten Auftritt hatten auch zwei Top-Favoriten: Carl Hester aus dem umjubelten britischen Team und Uthopia. Sie hatten bei der EM im vergangenen Jahr maßgeblich zum Mannschaftserfolg beigetragen und zusätzlich Einzelmedaillen gesammelt. In der letzten Zeit hörte man jedoch von Formschwächen. Heute waren sie da – und lieferten eine souveräne Leistung für Großbritannien ab. ABER: Das können unsere deutschen Mädels auch! 77,720 Prozent. Mir hat Uthopia aber noch nicht so gut gefallen wie damals im letzten Jahr in Rotterdam. Damals waren seine Piaffen deutlich besser. Im Schritt hatte er immer schon kein absoluten Bestnoten – heute wars aber noch schlechter. Aber der Trab war großartig, das muss man zugeben. Mit diesem Ritt hat er seinem Team schon eine Vorlage geliefert, die für uns Deutsche eine große Herausforderung ist.
Dorothee Schneider – ein perfekter Ritt
Dorothee Schneider und Diva Royal – das war wahrlich eine royale Vorstellung. Man hatte ja doch ein wenig Sorge, denn mit dem Druck, bei Olympia zu starten, muss man ja auch erstmal umgehen können. Die Atmosphäre hier hat schon so manches Pferd und manchen Reiter an seine Grenzen gebracht. Und bei Dorothee Schneider und Diva kam auch noch die Tatsache dazu, dass es den Briten mit ihrem Startreiter Carl Hester gelungen ist, extremen Druck aufzubauen. Sie haben ihn nicht umsonst an den Anfang gesetzt…
Damit muss man umgehen können – und Dorothee und Diva konnten dies bei ihrem Olympia-Debüt. Zum ersten Mal in dem großen Stadion vor solch einem Publikum – bei der Grußaufstellung, die nicht ganz perfekt war, hätte man kurzzeitig ein paar Sorgenfalten bekommen können, ob sie dem Druck standhalten. Aber dann trabte Diva los, sie piaffierte, passagierte, galoppierte wie eine Weltmeisterin (respektive Olympiasiegerin). Die Wechsel – klasse. Der Schritt – ein Highlight, das man gerne noch viel länger beobachtet hätte. Nur bei den fliegenden Wechseln ein kleiner Fehler. Ansonsten – ein unglaublich mutiger und schöner Rit von Dorothee Schneidert!
Was mich auch noch begeistert hat, ist, dass die Richter besonders hoch in die Reiternoten griffen: Ja! Mittlerweile wird solch wunderschönes, harmonisches Reiten wieder besonders belohnt. Sehr gut! Dorothee hat es verdient, sie liegt momentan auf dem zweiten Platz, mit 76,277 Prozent nur etwa einen Punkt hinter Carl Hester. Und Doro war nur unsere Drittstärkste… Da können sich die Briten dann doch etwas wärmer anziehen als vielleicht gedacht. Wir würden es uns alle wünschen!
Noch zwei Bemerkungen: Wunderschön anzusehen waren Anna Kasprzak aus Dänemark und Donnperignon, der ja einst von Christoph Koschel zu großen Erfolgen und Medaillen geritten wurde. Toll, wie die beiden zusammengefunden haben. Man würde den Dänen Bronze wahrlich gönnen – um diese Medaille geht es voraussichtlich für sie. Und zwar gegen die Niederländer, die mit ihrer ersten Starterin Anky van Grunsven ein schwächeres Ergebnis hatten. Ihr mittlerweile 18-jähriger Salinero ist einfach nicht mehr das Pferd von Athen und Peking, mit dem sich zwei Mal Gold gewann… Sie sollte sich schon überlegen, wann sie ihn rechtzeitig verabschiedet… Wobei er noch deutlich mit seinem Ergebnis vor Belli Balkenhol lag, die gerade leider ein wenig nach hinten durchgereicht wird.
Laura Bechtolsheimer – die Britin mit einer klasse Vorstellung
Die zweite des britischen Teams hat heute noch ihren Auftritt: Laura Bechtolsheimer mit Mistral Hojris. Sie zeigt eine klasse Vorstellung, die immer durch Harmonie und sehr schönes Reiten bestimmt wird, und setzt sich damit zwischen Carl und Dorothee mit Wertung von 76,839 Prozent. Im Vergleich mit Dorothee habe ich beide ungefähr gleich gut gesehen… Vielleicht hat hier auch ein bisschen der britische Heimvorteil mitgespielt. Aber ohne Zweifel war es eine großartige Leistung, mit der dieser erste Tag der Dressurreiter nun zu Ende geht. Eine Randbemerkung zu Laura Bechtolsheimer: Sie ist gebürtige Deutsche, die im Alter von einem Jahr mit Ihren Eltern nach England ausgewandert ist.
Deutschland oder Großbritannien ist die spannende Frage – möge der Bessere gewinnen! Noch vor einem Jahr erahnten wir uns nicht die geringste Chance gegen die Briten – doch dank Doro, Kristina, Helen, Diva, Desperados und Dami ist diese Chance jetzt da!
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6483 Ansichten, 1 heute
Mit einem Stick braucht man nicht wirklich zu hoffen, Streams empfangen zu können, dafür reicht einfach die Schnelligkeit nicht aus. Was das Fernsehen betrifft, war ich auch schon stocksauer, allerdings genau dann, ALS Dressurreiten gezeigt wurde, als Deutschland gerade ein hochspannendes Halbfinale im Hockey spielte. So hat wohl jeder seine Interessen.
Ja, klar, Reiten war sicherlich nicht die einzige Sportart, die manchmal etwas zu kurz kam. Das einzige, was ich aber tatsächlich im Übermaß berichtet sah, war Schwimmen, wo es ja zu keiner einzigen Medaille kam. Dass Leichtathletik in diesem Ausmaß gezeigt wird, ist in Ordnung, da geht ja auch was und die Deutschen sind erfolgreich.
Hallo Alexandra,
mal wieder sitze ich seit 12:00 Uhr vor der Glotze und warte auf die Übertragung der Dressur! Und wieder wird in endloser Breite gezeigt, dass unsere Schwimmer zum Glück wenigstens nicht ertrinken, Volleyballer, die pausenlos verlieren, endloses Radfahren und Sportarten mit Koreanern, Chinesen und co., die so spannend sind wie angeln und stöhnende Tennisspielerinnen! Die Übertragungen vom Reiten beschränken sich z.T. auf Sekunden – heute noch gar nichts, obwohl angekündigt. Diese Livestreams bekomme ich einfach nicht. Im dafür vorgesehenen Bild wird mir ein Satz eingespielt …….nur innerhalb Deutschland, nicht aus dem Ausland……nicht wörtlich, aber so ähnlich, aber ich bin doch in Deutschland. Ist das vielleicht, weil ich mit einem Stick arbeite?? Nun ich habe erst seit ca. 2 Wochen Internet und kämpfe mich so gut wie mir möglich durch. Gottseidank erfahre ich wenigstens auf dieser Seite von Dir die Ergebnisse. Jedenfalls bin ich stocksauer auf das Fernsehen! Gruß Helga
Hallo Helga,
leider ist das so mit dem Fernsehen – ich bin auch recht enttäuscht, dass so wenig vom Reiten zu sehen ist. Ich fände das ja in Ordnung, wenn gerade eine spannende Entscheidung stattfinden würde, in der die Deutschen um Medaillen kämpfen – dann ist es ja okay, Radfahren, Rudern, Kanu was auch immer zu brinen. Aber schlechte Schwimmer, die in Vorkämpfen ausscheiden, oder auch Sportarten, bei denen die Deutschen scheinbar nicht die geringste Chance aufs weiterkommen haben – das muss nicht sein!
Momentan kannst du Reiten auch bei der ARD (und morgen beim ZDF) im Livestream sehen – [olympia.ard.de/london2012/index.html] – dann auf den Stream mit Reiten klicken. Vielleicht läuft das ja besser bei dir als [eurovisionsports.tv/london2012/index.html].
Ich würde es dir wünschen, aber für beide Stream gilt glaube ich, dass sie mit Stick schon sehr schlecht zu empfangen sind. Ich habe hier sehr gutes W-Lan, aber teilweise sind die Bilder trotzdem wackelig und schlecht…
Ich bin ja mal gespannt, ob sie heute überhaupt noch was im Fernsehen bringen…
Grüße,
Alexandra