Matthias Alexander Rath und Totilas
Selten wurde der Name eines Reiters so mit einem Pferd in Verbindung gebracht. Ja, vielleicht niemals stand er so hinter dem Namen des Pferdes zurück. Denn manch ein Pferdefreund wird doch erst einmal nachdenken müssen, wie denn nun der neue Reiter von Totilas heißt, auch wenn dieser ihn schon seit etwa 1 ½ Jahren unter dem Sattel hat.
Totilas dagegen, er ist ein Held. Dabei ist er ein Pferd, ein KWPN-Hengst von Gribaldi, nunmehr 12 Jahre alt. Für Furore sorgte er schon vor drei Jahren als neunjähriger Jungspund mit seinem damaligen Reiter Edward Gal. Mit diesem gelangte er zum dreifachen WM-Triumph 2010 in Kentucky. Kaum jemand hätte zu diesem Zeitpunkt daran gezweifelt, dass Totilas und Edward Gal, das Traumpaar, auch die Top-Favoriten für die Olympischen Spiele in London wären. Wenn, ja wenn nicht alles anders gekommen wäre…
Denn Totilas wurde verkauft. Das Angebot der Besitzergemeinschaft Paul Schockemöhle und Ann-Kathrin Linsenhoff, soll sich auf über 10 Millionen Euro belaufen haben – und war einfach zu gut. Schockemöhle, seines Zeichens Pferdehändler, Züchter, Macher von Reitturnieren und ehemals erfolgreicher Springreiter, und Ann-Kathrin Linsenhoff, Olympiasiegerin in der Dressur und UNICEF-Deutschland-Botschafterin sowie Stiefmutter von Matthias Rath, hatten einen Jahrhundert-Deal eingefädelt…
Totilas und Matthias Rath
Totilas und sein Verkauf nach Deutschland gingen durch alle Medien. Gespannt fragte man sich, wer den Hengst reiten würde. Als die Entscheidung für den jungen Matthias Rath (Jahrgang 1984) fiel (nach der Absage mehrerer Spitzenreiter), richteten sich alle Blicke auf den Reiter, der mit dem Pferd seiner Stiefmutter, Sterntaler, gerade den erfolgreichen Sprung ins Lager der Senioren geschafft hatte.
Würde Matthias mit Totilas zurecht kommen? Das fragte man sich bei jedem Turnier aufs Neue… Im Grunde geht dieses Fragen bis heute weiter. Denn immer wieder gab es für Matthias und „Toto“ Rückschläge. Der wohl von den Medien am meisten betrachtete und analysierte fand bei den Europameisterschaften im holländischen Rotterdam statt. Ausgerechnet in der alten Heimat versagte Totilas. Man konnte deutlich sehen, dass noch ein Kampf stattfand zwischen Matthias Rath und seinem Pferd. Kein Wunder, dass Totilas früherer Reiter Edward Gal, der stets das Pferd in völliger Harmonie geritten hatte, dies kaum ansehen konnte. So kam auch der ein oder andere kritische Kommentar von seiner Seite. Und Rath geriet immer mehr in die Schlagzeilen.
Schließlich hatte er bei den ersten Turnieren 2011 in Deutschland sehr überzeugend gewirkt, doch beim Großereignis versagten die Nerven. Danach Turnierabsagen (zugegebenermaßen wegen Verletzungen), eine mehr als fragwürdige Vorstellung bei einer Hengst-Präsentation, die nichts mehr vom einstigen Glanz des Totilas aufblitzen ließ.
Perfekte Vorstellung im Olympiajahr
Dann Hagen 2012: Matthias und Totilas vor vielleicht einer ihrer wichtigsten Bewährungsproben. Eine neue Kür, die erste, die wirklich in keiner Weise Ansätze der alten Kür Edward Gals zeigt. Matthias und Totilas glänzend und in Harmonie. Sieg im Grand Prix und in der Kür. Sieg auf ganzer Linie sozusagen. Wenn da nicht der Wehrmutstropfen wäre, dass Matthias Rath seinen Totilas extrem tief einstellte beim Abreiten, was eine mediale Diskussion lostrat.
Bei den nächsten Turnieren wird Matthias Rath sich so etwas nicht noch einmal leisten können. Er wird seine Siege sowohl auf dem Abreiteplatz als auch im Viereck erringen müssen. Denn einem Los wird Matthias als Reiter von Totilas sicherlich nicht mehr entrinnen können: dem der völligen Beobachtung.
Doch Totilas ist für den jungen BWL-Studenten dennoch die Chance seines Lebens. Kaum einer zweifelt mittlerweile mehr daran, dass Reiter und Pferd nach London zu Olympia reiten werden. Dann müssen sie sich beweisen, müssen gegen eine Adelinde Cornelissen und ihren Parzival (NED), gegen die Briten Carl Hester und Charlotte Dujardin und gegen Steffen Peters aus den USA bestehen. Und wenn alles gut geht und die Nerven halten, dann ist dieses Mal vielleicht sogar eine Medaille drin.
Man würde es Matthias Rath wünschen, der dieses besondere Pferd nach bestem Wissen und Gewissen reitet, jedoch eben kein Edward Gal ist.
Schließlich sagt man, dass manche Reiter und Pferde einfach zusammengehören und mit keinem anderen Reiter so gut aussehen würden. Bei Meredith Michaels-Beerbaum und Shutterfly war dies mit Sicherheit so, auch bei Milton und John Whitaker oder Mark Todd und Charisma oder Hans-Günter Winkler und Halla. Sie alle waren Jahrhundert-Paare. So wie auch Edward Gal und Totilas in der kurzen Zeit ihres Zusammenspiels.
Matthias Alexander Rath wird es vermutlich nie gelingen, dieses Bild auszulöschen. Doch er kann mit einer Medaille bei Olympia einen persönlichen Triumph feiern. Und mit gutem und feinem Reiten seinem Sportpartner das zurückgeben, was er ihm Turnier für Turnier anzubieten scheint…
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Leider ist der Traum Olympia für Rath und Totilas ja nun ausgeträumt. Pfeiffersches Drüsenfieber beim Reiter, Reitverbot von den Ärzten. Sehr traurig, man hätte es ihnen gegönnt. Auch für die Deutsche Mannschaft ein nicht leicht zu verkraftender Aufall. Wer wird nachrücken? Wahrscheinlich ist Anabel Balkenhol, die mit sehr guten Leistungen in Aachen überzeugt. Doch kann dies das Ausnahmepaar kompensieren?
Hi,
ich wünsche Herrn Rath eine genauso schnelle Genesung, wie sie einst Hans-Gnter Winkler erlitt. Der lief bei Quailifitkationen auch mit Gips herum, während seine Reiterkollegen sich mühsam qualifizieren mußten. Zur Olympiade war er dann fit, seine Pferde waren auch geschont.
Sicherlich bewegt sich Herr Rath beim Abreiten im erlaubten Rahmen. Drum düfte die kritik nicht ihm gelten. Die Reiterei ist in meinen Augen moralisch verkommen, wenn ein solches Abreiten laut Regelwerk erlaubt ist. Die Prüfung ist demnach nur Show fürs Volk, wie wriklich eritten wird ist auf dem Abretiepaltz zu bobachten.
Über Herrn Rath braucht man sich nicht zu wundern, wenn man die Kollegen auf dem Springabreiteplatz bei ihrer gymnastizierenden Arbeit sieht. Alles Legal !
lg