Buchtipp: Angelika Schweizer: „Mein Weg mit dir“
„Mein Weg mit dir“ von Angelika Schweizer
Wenn Ihr Pferd eines Tages nach ihnen ausgeschlagen und ihnen dabei das Becken gebrochen hätte, würden Sie sich dann dafür entscheiden, einen zweiten Versuch zu starten und gemeinsam mit diesem Pferd Ihr Leben neu auszurichten?
Die meisten von uns würden wohl zunächst einmal Zweifel hegen – sei es aus Angst, sei es aus Unsicherheit oder aus Wut.
Auch Angelika Schweizer gab ihre Stute Etienne, als es zu diesem folgenschweren Unfall kam, zunächst weg. Auf einem Gnadenhof sollte das damals 13-jährige Pferd sein Dasein fristen. Doch schon bald bemerkte die erfolgreiche Rechtsanwältin, dass sie ihrer Stute noch eine Chance geben müsste – denn nicht das Pferd hatte Schuld an der Misere gehabt, sondern sein Umfeld…
- Wie alles begann
- Buch für Reiter und Pferdefreunde
- Ehrlich, sympathisch aber auch “übernatürlich”
- Lesevergnügen für Groß und Klein
- Bezugsquelle
Diese Geschichte ist nur eine von vielen, die Angelika Schweizer in ihrem ersten Buch beschreibt. Es ist der wohl dramatischste Punkt einer Erzählung, die genauso in Wirklichkeit passiert ist. Am Ende des 106 Seiten fassenden Werkes kann man getrost sagen, dass das Leben wahrlich die schönsten Geschichten schreibt.
Denn keine erfundene Pferdegeschichte hätte so bewegend sein können wie jene, die Angelika Schweizer hier erzählt.
Wie alles begann
Sie beginnt damit, dass Schweizer erst mit Mitte 30 ihre Liebe zu Pferden entdeckt und anfängt, Reitstunden zu nehmen. Allerdings nutzen ja bekanntlich Reitvereine und –lehrer gerne das finanzielle Polster von erwachsenen Reitanfängern aus – so auch bei der Autorin.
Schweizer reitet noch nicht lange im Verein, da kreuzt eine Oldenburger Stute ihren Weg, die sie in einer spontanen Aktion kauft. Auf den wunderschönen Namen Etienne wird sie getauft, aber die Probleme fangen mit ihr erst so richtig an. Denn im Reitverein gibt es zum Teil völlig unfähige Bereiter und Reitlehrer, die alle ihren „Pferdeverstand“ auf Etienne ausprobieren möchten. So müssen Pferd und Reiterin beispielsweise völlig unvorbereitet – und ohne Erfahrung – an einem Springtraining oder einem Ausritt teilnehmen. Unfälle sind vorprogrammiert, weswegen es Schweizer auch in einen neuen Stall zieht. Besser wird die Situation dadurch nicht – auch mit Beistellpony Lilli kommt Etienne nicht zurecht.
Die Eskalation der Situation ist der oben beschriebene Unfall. Danach denkt Angelika Schweizer um… und lernt ihr Pferd zum ersten Mal richtig kennen. Eine wirklich wahre, wunderschöne Liebesgeschichte beginnt…
Man zweifelt wahrlich keinen Moment daran, dass Etienne wirklich die Liebe des Lebens für die Autorin ist – und das, obwohl sie sehr glücklich seit vielen Jahren verheiratet ist. Aber eine solch tiefe Bindung wie zu Etienne hatte sie noch zu keinem Lebewesen erlebt, berichtet sie.
Buch für Reiter und Pferdefreunde
Dass solch eine Liebe zu einem Tier entstehen kann, muss man begreifen und annehmen bevor man „Mein Weg mit dir“ liest. Wie schon der Klappentext verrät, ist das Buch vor allem für Reiter und Pferdefreunde gedacht, die ihr Tier nicht als „Sportgerät“ sehen.
Aber wie ich auch an einem Freund gesehen habe, ist das Buch ebenfalls für Menschen interessant, die mit Pferden eigentlich wenig am Hut haben und sich einfach für die psychologische Komponente der Beziehung Mensch-Tier interessieren. Angelika Schweizer dringt hier tief in die Materie ein, man erkennt schnell, dass sie sich ausgiebig mit Tierpsychologie beschäftigt hat, um zu ihrem geliebten Pferd zu finden. Sie hat durch die große Liebe zu dem Tier dieses auch in- und auswendig kennengelernt.
Ehrlich, sympathisch aber auch „übernatürlich“
Sehr sympathisch finde ich, dass Frau Schweizer eigene Fehler auch unumwunden zugibt. Sie hat viele Dinge auf dem gemeinsamen Weg mit Etienne alles andere als richtig gemacht. Doch das Pferd hat ihr heute verziehen. Genauso ehrlich wie dem Pferd agiert Schweizer ihren Lesern gegenüber. Das macht ihr Buch vielleicht besonders lesenswert. Hier sieht sich kein „Pferdeexperte“ als selbsternannter Moralapostel wie es bei manch bekannterem Autor nicht allzu selten vorkommt.
Manchmal erlebte ich schon, dass ich nicht immer mit Schweizer einer Meinung war. Ich selbst könnte mir beispielsweise nicht vorstellen, dass es funktioniert, über eine Dame in der Schweiz, die berichtet mit Pferden sprechen und zu ihnen als eine Art Medium Kontakt aufnehmen zu können, von einem Pferd tatsächlich Antworten zu erhalten. Aber wenn man daran wirklich glaubt, wie Frau Schweizer, dann ist das dennoch im Bereich des Möglichen – auch wenn ich persönlich dieses eine Thema kritisch sehe. Aber ich habe schon in anderen Bereichen erlebt, dass Glaube Berge versetzt. Und wenn wir Lebewesen wirklich intensiv und ohne Kompromisse lieben, dann sind Dinge möglich, die außerhalb dessen liegen, was wir wissenschaftlich erklären können…
Lesevergnügen für Groß und Klein
Ich habe das Buch von Angelika Schweizer in jedem Fall in wenigen Tagen ausgelesen. Es ist sehr kurzweilig geschrieben. Manch kleinen grammatikalischen Schnitzer findet man darin vielleicht ab und an einmal, aber das schmälert das Lesevergnügen keinen Moment – und die Autorin ist schließlich kein Profischriftsteller! Es geht ja schließlich auch um etwas ganz anderes, darum eine intensive Beziehung zu beschreiben.
Ehrlich gesagt, habe ich noch kein Pferdebuch auf dem Markt gefunden, welches dies auf solch emotionale und persönliche Art und Weise tut. Lesen können es Groß und Klein. Kinder ab 10-12 Jahren kommen mit der Geschichte in jedem Fall zurecht.
Neben der eigentlichen Geschichte, die Angelika Schweizer erzählt, geht sie auch auf Themen wie Aktivstallhaltung, Offenstallhaltung, Pferdepsychologie, Entspannungstechniken bei Mensch und Tier, Achtsamkeit und eine der wichtigsten Fragen in unserem Leben „Was ist Glück?“ sehr genau ein – interessant auch für Nichtpferdemenschen, welche Erkenntnisse die Autorin hier für sich gewonnen hat.
Wer noch ein kurzfristiges Weihnachtsgeschenk für Pferdefreunde sucht, der sollte nicht lange zögern, sondern „Mein Weg mit dir“ sofort kaufen – es ist wunderschöne Unterhaltung mit tieferem Hintersinn, die mit einem Preis von 14,95 € auch für jeden noch bezahlbar ist.
Eins möchte man Angelika nach dem Lesen übrigens unbedingt wünschen: Noch einen langen gemeinsamen und glücklichen Lebensweg mit ihrer Etienne!
Bezugsquelle
Verwandte Artikel:
- Individuelle Trensen – langweilig war gestern
- Zwei Reiter-Bücher von Angelika Schweizer – weihnachtliche Buchtipps
- „Wir reiten für Deutschland“ – Buchvorstellung
- Buchtipp: „Michael Jung – Vielseitig zum Doppelgold“
- Ostwind – ein Pferdefilm aus Deutschland
- Akupressur für Pferde – Buchtipp
- Großer Reiterhof und Zubehör von Playmobil
- Buchtipp: Bilder und Fakten zu Entwicklung der Ausbildung von Reiter und Pferd
5228 Ansichten, 2 heute