Horses and Dreams Hagen 2012 – Das Comeback von Totilas
Manch einer hatte den Hengst bereits abgeschrieben, hatte gedacht, dass Matthias Rath niemals der richtige Reiter für Totilas werden könnte. Bei Horses and Dreams in Hagen am letzten April-Wochenende staunte so manch einer nicht schlecht, als Rath und Totilas den Grand Prix und die Kür für sich entscheiden konnten – und damit Laura Bechtolsheimer mit Mistral Hojris, ihres Zeichens amtierende Europameister mit der Mannschaft und Einzel-Medaillengewinner bei WM und EM, hinter sich lassen konnten.
Sicherlich ist dieser Sieg nur eine Momentaufnahme. Totilas und Rath konnten schließlich auch im vergangenen Jahr einige Male überzeugen. Beim Großereignis Europameisterschaften reichte es dann nur für Plätze im Mittelfeld. Man muss also sehen, wie die Kombination Rath/Totilas bei den Olympischen Spielen 2012 in London abschneiden kann. Doch seit Hagen weiß man, es ist durchaus möglich, dass bei beiden eine Top-Leistung abgerufen wird, wie sie Totilas´ einstiger Spitzenreiter Edward Gal so oft vollbrachte.
Im Winter hatten sich die Stimmen gemehrt, dass Rath und Totilas nie mehr zusammenfinden würden, eine Spitzenleistung nicht möglich wäre, Totilas unter Rath den Glanz vergangener Zeiten verloren hatte. In Hagen war davon kein Wort mehr zu hören. Diskutiert wurde stattdessen um die umstrittene Abreitmethode Matthias Raths. Tipps aus Holland hatte er sich da wohl geholt, ritt den Hengst extrem in die Tiefe. Dass die sogenannte Hyperflexion oder auch „Rollkur“ in Deutschland verpönt ist, hätte jedoch auch der Reiter wissen müssen. Die Diskussion einiger Zeitschriften schaukelte sich bis zum Bundestrainer und zur Reiterlichen Vereinigung FN hoch. Fakt ist: Totilas war diese Trainingsmethode recht sicher aus den Niederlanden bekannt. Jedoch sollte Rath diese nicht mit derartiger Intensität – wie in Hagen gesehen – ausführen. Wie viel Schaden Hyperflexion anrichtet, ist zwar nicht bewiesen, doch ist es eine für Pferde unnatürliche Haltung, welche wenn, dann mit aller Sorgfalt und nur kurze Zeit benutzt werden sollte. Daran sollte sich auch Matthias halten, doch an der Extraklasse, mit der er Totilas im Viereck ritt, darf man dennoch nicht rütteln. Diese sollte nicht schlecht geredet, sondern anerkannt werden. Man darf gespannt auf die nächsten Auftritte sein…
Eine weitere Reiterin konnte in Hagen voll und ganz überzeugen: Charlotte Dujardin, eine junge Britin, die von Europameister Carl Hester trainiert wird und mit ihm zusammen auch den Titel im vergangenen Jahr bei der EM in Rotterdam erritt. Ihr Pferd Valegro hat sich weiterentwickelt, auch die Reiterin wirkt konzentrierter und abgeklärter als vor einem Jahr. Im Granz Prix Special ritt sie zum Weltrekord – mit ihr wird in London als starke Konkurrenz zu rechnen sein!
Überzeugend ritt in der Kür auch die junge Kristina Sprehe mit ihrem Hengst Desparados. Es war die allererste Kür auf diesem Niveau der beiden. Platz drei kam am Ende dabei heraus. Auch hier scheint das Olympia-Ticket für eine junge deutsche Mannschaft schon fast gebucht – wenn Pferd und Reiterin gesund bleiben…
Im Grand Prix Special sprang für Olympia-Kandidatin Anabel Balkenhol und Dablino ebenfalls der dritte Platz heraus. Nach langer Verletzungspause von Pferd und Reiterin ein respektables Ergebnis, auf dem sich aufbauen lässt. Ob sie für Olympia stark genug sind, werden die nächsten Wochen zeigen.
Im Springen gelang ein Doppelsieg in Qualifikation und Großem Preis der jungen, 21-jährigen Amazone Katrin Eckermann. Für die Olympischen Spiele kommt sie wohl noch nicht in Frage. Doch in einigen Jahren kann man sie sich durchaus beim Championat vorstellen, wenn sie weiterhin so stark reitet.
Die Olympia-Kandidaten traten größtenteils noch nicht mit ihren Spitzenpferden an. Ausnahme Marcus Ehning mit Plot Blue, der allerdings noch zwei Abwürfe im Großen Preis zu verzeichnen hatte, und Meredith Michaels-Beerbaum mit Bella Donna und Checkmate. Die junge Stute hatte im Großen Preis einen Abwurf, MMB sprach davon, dass sie noch mehr Erfahrung sammeln soll. Eine Woche später zeigte sie sich in Valencia mit einer klasse Runde im ersten Umlauf, jedoch Abwurf im zweiten. Erfahrung wird ihr guttun, ob sie bis Olympia allerdings die Klasse besitzt, als Medaillenkandidatin anzutreten, steht noch in den Sternen. Wieder ins Gespräch gebracht hat sich dagegen der 17-jährige „Joey“ – Checkmate – der in der Qualifikation zum Großen Preis den zweiten Platz erreichte – und zwar mit einer Spritzigkeit, die man lange nicht sah.
Weichen wurden im Springen in Hagen noch keine gestellt, wohl aber in der Dressur…
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