Vielseitigkeit Malmö – Gold Michael Jung & deutsches Team
Goldmedaille für Michael Jung und Halunke, Silber für Ingrid Klimke und Escada – und Gold fürs deutsche Team
Sie haben es wieder einmal geschafft! Gold für das deutsche Team der Vielseitigkeitsreiter! Fast schon zur Gewohnheit wird das, muss man doch ein paar Jahre zurückblicken, wenn man eine Meisterschaft sucht, wo einmal nicht die Goldmedaille heraussprang. Das war in Kentucky bei den Weltreiterspielen 2010, damals überstrahlte aber Michi Jungs Einzelgold den mannschaftlichen Misserfolg.
Doch nun 2011, 2012, 2013: Deutschland jeweils Doppelsieger bei den Europameisterschaften oder Olympischen Spielen.
Man könnte von einer schönen Fortsetzung der Erfolge aus den Vorjahren sprechen, hätten nicht diese Siege von Malmö bei den Europameisternschaften am vergangenen Wochenende einen ganz besonderen Reiz. Denn nicht Michael Jung und sein Altmeister Sam (selbst erst 13 Jahre alt), der für die Weltreiterspiele in der Normandie im kommenden Jahr vorbereitet werden soll, waren die Sieger, sondern Michi und sein Halunke, ein erst neunjähriger Baden-Württemberger Wallach.
Halunke ist ein überaus sympathisches Pferd. Das liegt vermutlich schon an seiner hübschen Blesse, die auf dem ansonsten schwarzbraunen Pferdekörper leuchtet. Einen wie Halunke würde wohl jeder gern mal reiten, da hat er sogar Vorzüge zu Weltmeister und Olympiasieger Sam. Der bleibt zwar sicherlich nach wie vor die Nummer 1 im Stall Jung, aber Halunke hat sich schon gefährlich nahe ran gesprungen. Und Michi kann das nur recht sein, hat er doch auf diese Art und Weise sogar zwei Pferde, mit denen er fürs Championat planen kann.
Und dann gab´s da noch Escada, die ihrer Reiterin Ingrid Klimke dank ihres Namens erst vor kurzem einen Sponsorenvertrag mit dem berühmten Modelabel bescherte. Escada, genannt „Mäuschen“, ist eine unglaublich elegante Stute – und ein echtes Kämpferherz ohne große Schwächen, wie man spätestens seit dem Wochenende weiß, als sie mit ihrer Reiterin zu Einzel-Silber und Mannschafts-Gold galoppierte. Sie ist ebenfalls erst neun Jahre alt.
Manch einer hatte kritisiert, dass die beiden Bundestrainer Hans Melzer und Chris Bartle dieses Mal fast ausschließlich auf die „Jugend“ unter dem Sattel setzen wollten. Rückblickend haben sie genau richtig entschieden. Sam stand ja bekanntlich aufgrund einer leichten Verletzung nicht zur Verfügung, aber für die Europameisterschaften hatte Michael Jung ohnehin Richtung Halunke gedrängt und wollte dessen „Championatsreife“ testen. Dann wurde jedoch auch bei Ingrid Klimke pro Escada und gegen den so erfahrenen Abraxxas entschieden, der mit seinen nun 16 Jahren bereits zweimal Mannschaftsgold bei Olympia gewonnen hatte, dessen Schwäche im Springen aber ebenfalls bekannt war.
Doch er wäre ein sicherer Ankommer – und bei jungen Pferden weiß man ja nie, so die Kritik. Man weiß aber spätestens seit gestern, dass jede Entscheidung der Bundestrainer goldrichtig war. Mut muss man halt auch ab und zu haben! Und gerade im Europameisterschafts-Jahr vor dem Großereignis Weltreiterspiele sollte man durchaus was probieren!
Bereits in der Dressur konnten Michael Jung und Halunke voll und ganz überzeugen und setzten sich souverän mit nur 28,60 Minuspunkten in Führung. Am nächsten herangekommen war noch William Fox-Pitt, der seit Jahrzehnten die Vielseitigkeit in Großbritannien mitbestimmt und zu unzähligen Medaillen ritt. Doch auch er kam auf mehr als 36 Minuspunkte. Was also hatte Jung da in den Sand gezaubert? Besondere Highlights waren die Trabtouren. Da kam Halunke wahrlich an die Leistung so manches Dressurpferdes der schweren Klasse heran. Insgesamt war seine Prüfung absolut fehlerfrei und wurden mit zahlreichen Neunen und sogar Zehnen bewertet. Halunke´s Geheimnis ist wohl, dass er mal Dressurpferd werden sollte. Bei diesen Bewegungen hatte das Unterfangen wahrlich gelingen können!
Doch auch Escada ging eine großartige Dressur, sie war zwar bei ihrem ersten großen Auftritt angespannter als Halunke, aber Ingrid Klimke ist einfach eine Spitzen-Dressurreiterin, die ihrer Stute die Nervosität nimmt. In Sachen Bewegungen ist Escada jedenfalls ebenfalls spitzenmäßig. Mit 39,40 Minuspunkten wurde es Platz 4 für die beiden.
Loben sollte man aber auch Dirk Schrade´s Hop and Skip, mit 44,20 Minuspunkten 13. nach der Dressur, der sich mit seinem Reiter jedoch im Gelände und abschließenden Springen stetig nach vorn arbeiten konnte. Hop and Skip ist schon 14 und war damit der „Oldie“ im deutschen Team. Springen tut er allerdings immer noch in seinem ganz speziellen Stil. Die Beine hängen und sind nicht wirklich angewinkelt – erstaunlich ist aber, dass das funktioniert! Und letztendlich zählt ja auch das Ergebnis, welches lautete: 6. Platz im Endklassement. Absolut fehlerfrei in Gelände und Springen. Da gratuliert man gern zu Mannschaftsgold.
Jenes verdient auch Andreas Dibowski mit Butts Avedon, jenem nun zehnjährigen, der im vergangenen Jahr Ersatzpferd für London war. Zwar kamen diese beiden „nur“ auf Platz 16 im Endklassement – nach einer durchschnittlichen Dressur, einem sehr guten Gelände in der Zeit und einem Abwurf im Springen – aber Teamgold war ihnen ebenfalls sicher.
Wie jedoch schlugen sich Jung und Klimke in Gelände und Springen auf ihrem Weg zum Doppelerfolg? Das Gelände von Halunke und Michael Jung war grandios – vor allem aufgrund der Tatsache, dass sie bei strömendem Starkregen unterwegs waren. Michi Jung hatte weise auf längere Stollen gesetzt, aber dennoch ist es eine große Leistung, bei diesem Wetter innerhalb der Bestzeit ins Ziel zu kommen. Halunke wirkte zwar etwas verdrossen aufgrund des Regens in den Ohren, aber nichts konnte ihn daran hindern, munter ins Ziel zu galoppieren. Ingrid Klimkes Escada hatte besseres Wetter erwischt, sprang grandios und blieb ebenfalls innerhalb der Bestzeit.
Damit ging Ingrid Klimke von Platz vier aus ins Medaillenrennen. Mit Escada hat sie ein Pferd, das schon jetzt in ihren jungen Jahren sicher springt – ganz anders als man es von „Braxxi“ kannte. Der freut sich bestimmt über die Unterstützung durch die junge Stute, bedeutet es doch für ihn, dass er womöglich bald auf den frischen Wiesen rund um Ingrid Klimkes Stall grasen und den Ruhestand genießen kann. Noch sollen aber beide Pferde auf die Weltreiterspiele vorbereitet werden.
Dank Abwürfen von William Fox-Pitt und dem Schweden Ludwig Swennerstal konnte sich Klimke mit ihrer Nullrunde bis auf Platz 2 vorarbeiten – sicherlich ein tolles Gefühl nach Abraxxas regelmäßigen Aussetzern im Springen!
Und Michi Jung? Der konnte sich sogar zwei Abwürfe leisten – und hätte dennoch gewonnen. Es blieb bei einem – am allerersten Hindernis. Das brachte immerhin noch etwas Spannung in den Wettbewerb. Auch der Reiter war im ersten Moment zumindest ein wenig erschrocken, lag doch der gesamte Parcours noch vor ihm. Aber Halunke ist ebenfalls ein souveräner Parcoursspringer, auch wenn Escada hier ihre Vorteile hat.
Gold und Silber und Gold – eine tolle Bilanz aus Malmö! Komplettiert wurde sie durch zwei super Einzelreiter. Zum einen war dies der alte Haudegen Peter Thomsen mit seiner Cayenne, mit der er in den kommenden Jahren durchaus auch wieder zum Team gehören könnte. Sie wurden Fünfte und lagen damit sogar einen Platz vor Dirk Schrade. Benjamin Winter, der Teamjüngste, erreichte mit dem erst neunjährigen Ispo Platz 18. Die weiteren Medaillen im Mannschaftswettbewerb der Europameisterschaft in Malmö gingen an Schweden (Silber) und Frankreich (Bronze).
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