Uta Gräf
Uta Gräf – Weltklassereiterin und Buchautorin
Wer auf Uta Gräf trifft, der lernt eine überaus sympathische Dame um die 40 kennen, die mit ihrem blonden Wuschelkopf überall schon von weitem auffällt. Sie geht auf die Leute zu und schnell ist man bei einem Interview in ein Gespräch mit ihr verwickelt, bei dem man nicht nur stoisch Fragen stellt, sondern sich intensiv über Pferde und ihre Eigenheiten unterhält. Immer wieder hat Uta Gräf eine neue Anekdote parat, auch beim Turnier scheint es, als wolle sie einfach nur Spaß haben. Dabei ist Uta Gräf in der Dressur ganz oben angekommen, reitet mit ihrem Le Noir – einem Rapphengst, der sicherlich ebenso zur Augenweide taugt wie der altbekannte Totilas – erfolgreich Grand Prix Special und Kür. Sie ist im deutschen B-Kader und hat die Olympischen Spiele auch nur um ein Haar verpasst…
So weit, so gut – Weltklassereiterin, sympathische Person. Doch ganz besonders ist Uta Gräf auch eine Befürworterin der artgerechter Pferdehaltung. Nur allzu oft muss man schließlich sehen, dass gerade Pferde im Leistungssport nicht einmal regelmäßig auf die Weide kommen… Uta Gräf agiert dagegen nach dem Motto „Schlammkruste abkratzen und Grand Prix reiten“ – welches sie auch in ihrem ersten Buch „Feines Reiten auf motivierten Pferden“ (jetzt neu erschienen im FN Verlag) propagiert. Bei Uta Gräf kommen die Pferde täglich zusammen mit Artgenossen auf die Weide, dürfen dort nach Herzenslust toben und galoppieren.
Auf jeden Fall denke ich, dass der Offenstall ganz viel bewirkt hinsichtlich der Ausgeglichenheit der Pferde. Sie können den ganzen Tag rumlaufen, entscheiden, wann sie in den Stall wollen. Das formt den Charakter, hat einen Riesenanteil daran, dass sie so glücklich und zufrieden sind – und macht es ihnen einfach leicht, ausgeglichen zu sein. Wir haben auch große Weiden und eine Herde von 30 Wallachen und einem Hengst. Stuten stellen wir separat, aber in der Herde sind auch die S-Pferde und dürfen sich den ganzen Tag frei bewegen. Wir wissen, dass wir in Sachen artgerechte Pferdehaltung „Hardcore“ sind, aber wir sind uns sicher, dass das richtig ist – auch für die Ausbildung der Pferde. Sie spielen miteinander, tragen dabei ihre Machtspielchen schon untereinander aus, die große Gruppe hilft, dass sie den Umgang miteinander lernen. Viele andere Reiter müssen beim Reiten erst ihre persönlichen Machtkämpfe mit den Pferden austragen – bei uns ist das überhaupt nicht so.
Der Erfolg gibt Uta Gräf recht – auch mit einem Trainingskonzept und Haltungsform wie es in ihrem Stall „Gut Rothenkircherhof“ befürwortet wird, kann man weit kommen… Vermutlich kann man vor allem AUFGRUND dieses Prinzips solch großen Erfolg haben! Denn eines sieht man den Pferden von Uta Gräf wahrlich immer auf den ersten Blick an: Ihre Ausgeglichenheit und Freude bei der Arbeit!
Über das tägliche Training berichtet Uta Gräf auch immer wieder gerne:
Wichtig ist vor allem: Jeden Tag Weide, Führanlage, Ausritte, im Sommer vier Mal die Woche Aqua-Trainer in unserer Führanlage. Aber ansonsten entscheide ich einfach nach meinem Gefühl. Ich stelle mir keinen genauen Plan auf nach dem Motto „am Mittwoch muss ich das und das machen“. Das kommt einfach so, wie mir gerade ist – zwar weiß ich natürlich genau, was ich mit welchem Pferd mache, woran ich arbeiten muss, aber wann genau das passiert, ist bei mir oft eine Bauchsache. Am Morgen nach dem Aufstehen entscheide ich, wer als erstes dran kommt. Meist ist das Le Noir, weil dann gleich mal die Glückshormone ausgeschüttet werden, wenn ich ihn reite. Er geht einfach immer gut, egal wie und wann ich ihn reite.
Von Le Noir, ihrem absoluten Spitzenpferd, schwärmt Uta Gräf immer wieder gern:
Schwächen hat er gar keine, jedenfalls fällt mir keine ein. Le Noir hat einfach einen außergewöhnlichen Charakter. Er ist immer ganz willig, egal wo er ist – im Gelände, beim Longieren, auf der Koppel. Man sieht dem Pferd an, wie sehr er dabei ist. Dass er das alles freiwillig und gerne macht. Dass er glücklich ist. Das erste halbe Jahr mussten wir natürlich erst einmal zusammenfinden, das ist ja bei jedem Reiter und Pferd so. Aber seitdem ist alles einfach super! Es gibt eigentlich keinen Tag, wo ich mich mal über ihn geärgert habe. Er macht immer alles so, wie man es sich wünscht. Dabei ist er einfach unheimlich lieb, aber dennoch absolut kein „Schnarcher“. Er ist kein „typischer“ Hengst mit all dem Gehabe, sondern eine ganz besondere Persönlichkeit. Dass er so eine liebe und zufriedene Art hat, beweist er uns ständig aufs Neue. Ein Beispiel: Im letzten Jahr wurde er auf der Consumenta in Nürnberg von seinem Besitzer am Halfter im Außenbereich geführt. Dort herrschte unglaublicher Trubel, fremde Tiere waren da, unter anderem auch Elefanten und andere Exoten, die in den Shows auftraten. Der Besitzer von Le Noir ist nun kein Top-Reiter, einfach ein Pferdemensch – und der Hengst war brav wie ein Lämmchen. Alles ist einfach nochmal so schön mit ihm, weil wir es genießen können.
Mit der Familie Herzog hatte Uta Gräf das Glück, die für sie besten Pferdebesitzer der Welt zu finden, die ihr bei Le Noir ganz freie Hand lassen und sie doch immer unterstützen. So konnte sie sich stetig zur Weltspitze empor reiten. Noch recht neu im großen Grand Prix Viereck dabei, konnte sie sich bei der Deutschen Meisterschaft auf Platz 7 beweisen und in Wiesbaden beim Pfingstturnier Grand Prix und Kür gewinnen.
Die anderen Reiter nehmen uns sehr gut an, das ist ja nicht selbstverständlich. Wir sind akzeptiert und erleben das momentan als total schönes Gefühl. Dass wir überhaupt in dieser Liga reiten können, ist eine große Ehre. Das schönste ist aber, mit Le Noir ein Pferd zu haben, auf das ich mich immer verlassen kann. Er ist so zuverlässig, das ist traumhaft. Besonders schön ist für mich aber auch die Reaktion der Zuschauer. Ich denke da an die Kür in Wiesbaden im Mai zurück: Schon als ich um das Viereck rumgeritten bin, als also die Prüfung noch gar nicht begonnen hatte, begannen sie zu klatschen. Die Leute sind einfach mit uns mitgegangen. Die Platzsprecherin meinte dann: „Die Kür kommt doch erst noch…“, aber das hat die Zuschauer nicht abgehalten. Diese Akzeptanz ist toll, ich habe das Gefühl, alle mögen uns.
Immer eine große Unterstützung für Uta Gräf ist übrigens ihr gesamtes Team auf Gut Rothenkircherhof und ganz besonders ihr Lebenspartner Stefan Schneider, der selbst in Working Equitation Prüfungen – also einem ganz anderen Bereich als Uta – unterwegs ist und zudem als Tierarzt arbeitet:
Man kann so viel voneinander lernen! In der Dressur kommt beispielsweise – so ist mein Eindruck – die korrekte Erziehung des Pferdes immer etwas zu kurz. Stefan hilft mir dabei, übernimmt das Bodentraining. Seine Reitweise ist viel funktioneller. Er macht Rinderarbeit, Trail… ganzheitliches Reiten. Er merkt immer wieder an, dass viele Dressurreiter und –pferde nur die Grand Prix Lektionen perfekt beherrschen – aber die Rittigkeit oft hinterher hinkt. Wir können viel vom anderen abgucken!
Uta Gräf möchte übrigens nicht nur Freizeitreiter für den Dressursport begeistern. Sie unterstützt auch ein soziales Projekt in Afrika und fungiert als Trainerin für die rheinland-pfälzischen Behinderten-Dressurreiter Britta Näpel und Angelika Trabert, über deren Medaillen bei den Paralympics in London sie mehr als begeistert war.
Doch was macht die Faszination Pferde eigentlich aus für Uta Gräf?
Mit seinem Partner Pferd zusammen sein, sich mit ihm auf längere Zeit arrangieren, auf einander zugehen, aber auch mal auf seinem Recht bestehen – wie in einer Partnerschaft. Ich möchte meine Pferde nicht nur ein paar Monate reiten und dann weitergeben – und dank lieber Besitzer muss ich das auch nicht. Es geht bei uns zu wie im „wahren Leben“ – man ist mit dem Partner Pferd immer gefordert.
Und wie die meisten Menschen in einer glücklichen Beziehung wünscht sich Uta Gräf auch vor allem eines: „Ich möchte einfach, dass alles so bleibt wie es ist!“
PS: Uta Gräfs neues Buch „Feines Reiten auf motivierten Pferden“ stelle ich Euch in diesem Artikel vor. Eins kann ich schon mal vorweg nehmen: Dieses Werk ist in Sachen Reitsport-Literatur absolut hitverdächtig!
Buchvorstellung „Feines Reiten auf motivierten Pferden“
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Vielen Dank für diesen Artikel,
ich habe nach einem Portrait von Uta Gräf gesucht, da wir gerade in der Schule ein
Zeitungsprojekt haben und das als Hausarbeit (also ein Portrait von jemanden der
uns begeistert) aufhaben. Ich finde Uta Gräf vor allem in ihrem Umgang mit den Pferden fantastisch! Sie ist ein Paradebeispiel dafür, das sportliches Engagment nicht die Weide
oder das Peddock ausschließen. Das gibt mir auch manchmal die nötige Motivation um
weitermachen zu können.
Vielen Dank Uta, dafür das es dich gibt !
Schön zu lesen wie Uta Gräf denkt und fühlt. Ich finde es toll, dass Sie ihre Pferde mit denen Sie große Prüfungen reitet, auch auf die Koppel lässt. Pferde müssen artgerecht gehalten werden. Sie nur am Strick mal 10 Minuten grasen lassen ist nicht dem Pferdenaturell entsprechend. Mehr Reiter sollten umdenken. Toll auch, dass die Pferdebesitzer so mitziehen und nicht nur ihren Profit sehen, indem sie die Pferde in Watte packen und hoffen das nichts passiert. Viele Pferde würden sich wahrscheinlich weniger Verletzungen zuziehen, wenn sie artgerecht gehalten würden. Sehnen, Bänder und Muskeln werden nicht stabiler, wenn sie „stillgelegt“ werden. Gekräftigt werden sie durch die natürliche Bewegung auf Koppeln usw. Auch was das Wesen des Pferdes betrifft, bin ich Uta Gräfs Meinung. Pferde müssen sich mit Artgenossen auseinander setzen, damit sie ausgeglichen sind und Freude an der Arbeit mit dem Menschen haben.