Global Champions Tour – Wiesbaden am Samstag
Samstag, 26. Mai 2012 – Spannung und große Emotionen in der Global Champions Tour
Man kann der Global Champions Tour – kurz GCT –, der großen Springturnier-Serie mit Veranstaltungen in aller Welt, und ihrem Macher Jan Tops nicht abstreiten, dass sie hiermit ein Format entwickelt haben, welches wirklich Zukunft hat. Zukunft, weil dank ausgeklügelter Methoden eine enorme Spannung aufgebaut werden kann. Der Modus mit zwei Umläufen und möglichem Stechen verlangt den Pferden einiges an Kraft ab – doch wer hier besteht, der hat bewiesen, dass er zu den besten gehört. Der beweist momentan auch, dass er ein potentieller Kandidat für die Olympischen Spiele in London ist.
In diesem Jahr war dies bereits Marco Kutscher und Cornet Obolensky (Zweiter Platz Doha) und Janne Friederike Meyer (Vierter Platz Hamburg) gelungen – würde in Wiesbaden noch jemand folgen, so fragte man sich. Immerhin sind noch einige Plätze offen, wenn es um die Besetzung der Olympischen Mannschaft der Springreiter geht – und noch nicht alle konnten ihre Leistungen bisher vollständig abrufen.
Einige der ganz großen Namen fehlten jedoch in Wiesbaden, da zeitgleich das CSIO Rom stattfand, das ganz nebenbei auch vom deutschen Team um Ludger Beerbaum, Christian Ahlmann, Marcus Ehning und Marco Kutscher gewonnen wurde.
Doch Meredith Michaels-Beerbaum und Philipp Weishaupt hatten es als potentielle Olympia-Kandidaten es sich nicht nehmen lassen, im Schlosspark anzutreten.
Vor allem auf MMB lag die Aufmerksamkeit, hatte sie doch ihre junge, erst neunjährige Stute Bella Donna dabei, die als eines der größten Talente im Springsport gehandelt wird, jedoch ihre Spitzenklasse auf den größten Turnierplätzen der Welt erst unter Beweis stellen muss.
Zunächst einmal mussten Zuschauer wie Reiter jedoch feststellen, dass bereits der erste Umlauf mit einer Dreifachen und Zweifachen Kombination und Wassergraben am Ende sehr schwer war. Die erste Nullrunde ließ auf sich warten bis der junge Jörg Oppermann, 23-jähriger Nachwuchsstar aus Deutschland, mit seinem 11-jährigen Holsteiner Hengst Che Guevara, einem unheimlich schicken Pferd, tatsächlich alle Hindernisse fehlerfrei überwand und ein grandioser Jubel auf sämtlichen Tribünen rund um den Springparcours ausbrach – der Bann war gebrochen, als 13. Starter (von 43) hatte Oppermann endlich die Nullrunde geschafft!
Kurz darauf gelang dies ebenfalls dem jungen, erst 19-jährigen Spanier Manuel Anon Suarez mit dem 11-jährigen belgischen Wallach Baldo. Es folgten Hassam Mohammed Bassem aus Qatar mit Al Hawajer Arizona Pie, Mitfavorit Pius Schwizer (Schweiz) mit Verdi, der Ire Shane Breen mit Cos I Can, Simon Delestre aus Frankreich mit Valentino Velvet, Richard Spooner (USA) mit seinem bewährten und wie immer eigenwillig springenden Cristallo sowie Olivier Guillon aus Frankreich mit seinem WM-Pferd Lord de Theize.
Bis auf Oppermann hatten alle Deutschen sich Fehler geleistet – bis Meredith Michaels-Beerbaum mit der so sprunggewaltigen Stute von Baldini den Parcours ohne jedes Klappern mit mächtigen Sätzen und ohne die kleinste Unsicherheit überwand. Die neunjährige Stute wirkte, als wäre sie schon jahrelang im Zirkus der Großen mit dabei, dabei fand man sie im vergangenen Jahr noch im Youngster Cup.
Doch auch dem ebenfalls neunjährigen Cocoshynsky von Emanuele Gaudiano kann man dies nachsagen, er blieb ebenfalls Null, wie auch Julien Epillard (FRA) mit Maestro de la Loge und Ben Maher mit Tripple X sowie Lauren Hough mit Blue Angel. Weniger Glück im ersten Umlauf hatte Philipp Weishaupt, dessen zweites Top-Pferd neben Monte Bellini, die 12-jährige Hannoveraner Stute Souvenir, sich mit 12 Strafpunkten nicht wirklich für Olympia empfehlen konnte…
Spannungsaufbau, das bedeutet in der GCT auch eine Pause vor dem Zweiten Umlauf. Und dann einen richtig schweren zweiten Umlauf aufzubauen, der die Spreu vom Weizen trennt. 18 Starter kommen in der GCT in diesen Zweiten Umlauf, fast alle haben meist eine Nullrunde geschafft.
Doch was im Wiesbadener Schlosspark geschah, hatte manch Experte wohl schon am Aufbau des Parcours, spätestens aber nach einigen Startern bemerkt. Eine Zweifache Kombination aus Steil und Oxer wurde zur Fehlerquelle für nahezu jeden Reiter – wer bis dahin noch keinen Abwurf hatte, dort bekam er ihn garantiert. Sie war extrem knifflig gebaut, und viele Pferde zeigten schon etwas Müdigkeit zu diesem Zeitpunkt, sodass teils hohe Fehlerpunktzahlen zusammenkamen.
Auch Jörg Oppermann musste dieses Mal 12 Punkte einstecken – jeder hätte dem jungen Mann wohl ein besseres Ergebnis gegönnt. Und doch wurden alle Daumen besonders bei einer gedrückt: Meredith Michaels-Beerbaum, deren Bella Donna ohne jedes Anzeichen von Müdigkeit erneut durch den Parcours flog. Man hätte in diesen Momenten wahrlich eine Stecknadel fallen hören können, als sie sich der Zweifachen näherten und diese fehlerlos überwanden. Wenig später brandete der Jubel auf – Nullrunde, die Erste.
Es sollte zwar nicht die letzte bleiben, doch nur noch Olivier Guillon mit dem erfahrenen Lord de Theize gelang dieses Kunststück ebenfalls.
Er war es auch, der dann im Stechen mit zwei Teilnehmern doch die bessere Ausgangsposition als zweiter Reiter und mehr Erfahrung hatte und MMB um zwei Sekunden schlagen konnte. Doch diese war auch als Zweite unheimlich glücklich und stolz auf ihre Bella Donna:
Das ist unser größter Erfolg bisher. Ich bin mit ihr nicht wirklich schnell gegangen im Stechen, da wir das erst wenig geübt haben. Ihr fehlt einfach noch die Erfahrung, die andere Pferde haben. Aber sie ist grandios gesprungen heute.
Und weiter hieß es auf die Olympischen Spiele bezogen:
Sie ist meine Hoffnung für die Olympischen Spiele, aber in der Erfahrung ist sie hinter anderen Pferden zurück. Sie muss sich noch beweisen, bei einem Nationenpreis, ihrem ersten, nächste Woche in St. Gallen, sie muss in Aachen gut gehen, wo sie nie in der Großen Tour ging. Aber es ist alles möglich für sie – und doch möchte ich sie langsam über die Saison aufbauen und es nicht übertreiben. Wenn wir jedoch nach London kommen würden, wäre ich unglaublich stolz und glücklich.
Der Sieger Olivier Guillon dankte Meredith währenddessen, dass ihr Shutterfly nunmehr auf der Weide grast und keine Turniere mehr geht:
Wäre Shutterfly heute da gewesen, hätte ich niemals gewonnen!
Überglücklich war auch der 19-jährige Spanier Manuel Anon Suarez, der niemals damit gerechnet hatte, Dritter zu werden. Doch mit dem schnellsten 4-Fehler-Ritt hatte er sich in diese Top-Liga vorgearbeitet, in der nach dem Springen noch mit Champagner-Dusche ausgiebig gefeiert wurde – vom deutschen Publikum vor allem auch die großartige Bella Donna unter Meredith Michaels-Beerbaum, die nun beide tatsächlich zu ernstzunehmenden Olympia-Kandidaten geworden sind.
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