CHIO Aachen 2013 Ergebnisse
Wieder einmal war es eine rauschende Woche, doch nun ist der CHIO Aachen 2013 Geschichte. Fantastischer Reitsport wurde gezeigt in vier Disziplinen: Voltigieren, Vielseitigkeit, Springen und Dressur. Was bleibt uns von den einzelnen Disziplinen in Erinnerung? In knapp zwei Monaten finden Europameisterschaften statt… Wer hat sich empfohlen? Wer wird größte Konkurrenz? Ein persönliches Fazit.
Voltigieren
Den Anfang machten in Aachen mittlerweile schon traditionell die Voltigierer. Deutschland gewann den Nationenpreis, wo beide Teams (Neuss-Grimmlinghausen, Corinna Knauf, Erik Oese als Team 1 und Ingelsberg, Thomas Brüsewitz sowie Kristina Boe als Team 2) an erster und zweiter Stelle überzeugen konnten. Überlegen gewann Neuss auch die Team-Wertung. Sie haben sich in diesem Jahr einmal mehr eine brillante Kür ausgedacht – umso beeindruckender ist dies, wenn man weiß, dass die aktuelle Besetzung diese nur etwa eine Woche lang trainieren konnte. Großes Verletzungspech hatte dazu geführt. An der Feinabstimmung muss wohl auch noch ein wenig gearbeitet werden – aber im Großen und Ganzen: Klasse!
Ein ebenfalls neuer Stern am Voltigierhimmel ist Corinna Knauf, kleine Schwester der Longenführerin Alexandra Knauf. Zum ersten Mal war sie in Aachen am Start – und zeigte als zweitbeste Deutsche (und beste im Nationenpreis) beeindruckende Leistungen und Abgeklärtheit. Wenn sie das auch bei der EM schafft, ist vieles möglich… Wenn es auch an Top-Favoritin und Aachen-Gewinnerin Joanne Eccles kein Vorbeikommen zu geben scheint.
Immer besser wird auch Erik Oese. Der Silbermedaillengewinner aus dem vergangenen Jahr zählt auch in diesem Jahr zu den absoluten EM-Favoriten.
Vielseitigkeit
Auf unsere Vielseitigkeitsreiter ist Verlass, so haben sie auch den Nationenpreis in Aachen gewonnen.
Sandra Auffarth und ihr „Wolle“ Opgun Louvo waren eine Klasse für sich – was mit Platz 2 in der Einzelwertung (hinter dem überglücklichen Australier Chris Burton) belohnt wurde. Auf Platz 3 folgte unser „Goldmichi“ Michael Jung auf Sam, seinem Olympiapferd, dem wohl besten im Vielseitigkeitszirkus überhaupt momentan. Dass Sam aber auch keine Maschine ist, zeigte sich, als es zu einem Fast-Vorbeirumpler an einem schmalen Ecksprung kam. Mit akrobatischem Geschick retteten sich Reiter und Pferd – und die zunächst angezeigten 20 Punkte für Verweigerung wurden auch wieder von den Wettkampfrichtern fallengelassen.
Auffarth und Jung sind für die EM in Malmö so gut wie gesetzt (vorausgesetzt alles bleibt gesund). Jung möchte dabei allerdings bewusst auf Zweitpferd Halunke setzen, der in Aachen mit Platz 7 ebenfalls sehr überzeugend wirkte.
Außerdem eine interessante Option wäre sicherlich Andreas Dibowski mit seinem blendend aufgelegten und springenden 16-jährigen Butts Leon, der sich auf Platz 4 behauptete. Butts Leon stand bekanntlich für die Olympischen Spiele der Thailänderin Nina Ligon zur Verfügung. Durch einen glücklichen Rückkauf ist er nun wieder bei dem Mann, mit dem er schon 2008 Olympiasieger wurde.
Ingrid Klimke, die eigentlich schon fest fürs EM-Team eingeplant ist, hatte mit Tabasco weniger Glück. Er wirkte am Geländetag nicht frisch – ein Platz am Ende des Klassements nach Verweigerungen war das Resultat. Aber für die EM warten ja noch Olympiasieger Abraxxas und die junge Stute Escada, sodass man auch an Ingrid Klimke kaum zweifeln dürfte.
Dirk Schrade mit Hop and Skip sowie Peter Thomsen mit Barny – beides Olympiasieger von London 2012 – sind weitere Optionen für die Titelkämpfe. Man darf wirklich gespannt sein, wen aus dem großen Reiterpool die beiden Bundestrainer Bartle und Melzer wählen werden.
Dressur
Und auch in der Dressur geht´s stetig aufwärts, auch wenn wir uns immer noch fragen, ob Matthias Alexander Rath mit Totilas jemals zurückkommen werden. Zunächst wird ja für die winterliche Weltcup-Saison der beiden geplant – wir hoffen das Beste für die Unglücksraben im Team, bei denen es nach wie vor nicht vorangeht. Ein so herrliches Pferd wie Totilas hätte anderes verdient gehabt…
Der Fokus des Interesses liegt nun schon länger auf dem Paar Helen Langehanenberg und Damon Hill. Der Hengst ging in Aachen im Grand Prix sehr gut, hatte im Spezial einige kleinere Fehler und war recht geladen. In der abschließenden Kür ließ er all das jedoch wieder vergessen – ein Traum von einem Pferd in einer wunderschönen, harmonischen Kür. Besser geht’s nicht!
Diese beiden sollten auch international gegen Charlotte Dujardin und Adelinde Cornelissen anreiten können bei der EM in Herning. Vielleicht reicht es dieses Mal ja zu einem Platz auf dem Podest, der bei Olympia noch versagt blieb…
Ein weiteres Top-Paar wächst in Isabell Werth und Don Johnson heran. Im vergangenen Jahr erschien der Wallach noch ein bisschen wie das bockige Baby unter den deutschen Pferden (Lieblingshobby: Buckeln), jetzt wirkt er gereift. In Aachen überzeugte er wie schon bei den Deutschen Meisterschaften – und war noch einmal besser! Ein tolles Pferd, das wenn es fehlerfrei geht, weit vorne mit dabei sein kann.
Kristina Sprehe und Desperados waren nicht im siegreichen Nationenpreis-Team von Aachen, aber ritten die CDI Tour. Hier setzten sie sich jedes Mal souverän an die Spitze, sodass sie für die EM wohl als gesetzt gelten dürften. Allerdings fehlt nach der Verletzung von Desperados noch ein wenig der Glanz des Paares vom vergangenen Jahr. Hoffentlich kommt dieser bald wieder zurück!
Nummer 4 für Herning wird wohl Anabel Balkenhol sein – und auch wenn die Nerven ihres Hasenfußes Dablino nicht immer mitmachen, sind sie – wenn alles klappt, wie im Grand Prix Special von Aachen, ein beachtenswertes Paar.
Aus dem Team ein klein wenig herausgeritten hat sich die junge Fabienne Lütkemeier, die aber dennoch sicherlich als Ersatzreiterin Erfahrungen wird sammeln dürfen. Leider konnte sie im Grand Prix und Special nicht ganz so überzeugen wie erhofft. Aber als Aachen-Team-Debütantin dennoch erfreulich.
Eine weitere positive Überraschung in Aachen waren Jenny Lang und Loverboy sowie Jessica Werndl und Unee und Sanneke Rothenberger und Favourit – allesamt große Zukunftshoffnungen des deutschen Dressursports! Man freut sich schon darauf, mehr von ihnen zu sehen.
Beim Blick auf die ausländische Konkurrenz fällt auf, dass diese in Aachen fast komplett fehlte. Die Niederländer und Briten waren nicht mit den besten Paaren vor Ort. Dänemark überzeugte und muss für die EM im eigenen Land durchaus ernst genommen werden. Vor heimischer Kulisse zu reiten, gibt ja immer nochmal einen Extraschub… Aber Deutschland hat wirklich sehr gute Medaillenchancen.
Springen
Man mag es kaum glauben, dass die so erfolgsverwöhnten Springreiter ein wenig die deutschen Sorgenkinder sind… Aber die Zeiten, als ein Shutterfly und Goldfever über die Hindernisse flogen, als wären sie nichts, sind leider Vergangenheit. Deutschland ist momentan in der Lage, dass neue, junge Pferde aufgebaut werden müssen.
Mit Corradina und Carsten-Otto Nagel hatten wir eigentlich noch ein erfahrenes Erfolgspaar, aber im Großen Preis von Aachen empfahlen sich die beiden mit 8 Punkten nicht fürs EM-Team – schade! Ebenso schade für Philipp Weishaupt und Monte Bellini – in Rotterdam Doppelsieg (Mannschaft/Großer Preis), in Aachen 8 Punkte… Für das EM-Team reicht das höchstens mit Ach und Krach. Wohl eher aber nicht.
Gewonnen hat mit Nick Skelton und Big Star das wohl momentan stärkste internationale Paar den Großen Preis. Große Leistung von einem der größten Reiter unserer Zeit. Die Niederländer siegten im Nationenpreis. Deutschland wurde Dritter – nicht schlecht, aber nicht gut genug möchte man sagen.
Denn bei der EM in Herning möchte man ganz vorne mit dabei sein. Immerhin ist man Titelverteidiger!
Also muss eine gute Mannschaft gefunden werden. Vor einigen Monaten hatten wohl nur wenige mit Daniel Deusser gerechnet, doch spätestens nach dem Titel bei den Deutschen Meisterschaften und Platz 4 im Großen Preis von Aachen weiß man, dass er wohl momentan in Deutschland ganz oben steht. Maßgeblich beteiligt ist der großartige Cornet D´Amour, der viel von seinem Vater Cornet Obolensky hat, aber deutlich rittiger als dieser ist.
Danach kommen vermutlich 3-4 weitere Namen: Christian Ahlmann, der auch im GP von Aachen sowie im Nationenpreis eine solide Leistung zeigte, Meredith Michaels-Beerbaum, für die mit Bella Donna das Gleiche gilt. Das Wasserproblem (zweimal 4 Punkte) der Stute vom Nationenpreis konnte MMB im Großen Preis ausmerzen, leider kam ein Abwurf in der Dreifachen zustande. Aber das Pferd ist ein gewaltiger Springer, auf den man wohl kaum verzichten kann. Bleibt die Frage nach der Nummer 4 im deutschen Team für die EM. Ludger Beerbaum zeigte mit seiner jungen Stute Chiara im Großen Preis wie im Nationenpreis sehr gute Leistungen und ist sicherlich eine Option. Nicht vergessen sollte man jedoch auch den Pechvogel von Aachen Marcus Ehning. Zunächst wurde er nicht im deutschen Team berücksichtigt. Dann verpasste er die Qualifikation zum Großen Preis von Aachen – und die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Mit dem Routinier Plot Blue ist der Zug zur EM dennoch nicht abgefahren.
Im Lager der Springreiter bleibt es definitiv spannend – wer fährt zur EM und wie kann die Form der Pferde noch gesteigert werden?
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