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Julia Krajewski im Interview

Portraits und Interviews unserer Reiter 3. Dezember 2012

 
Julia Krajewski - will-reiten.de

Julia Krajewski – „Mit meiner Saison bin ich sehr zufrieden!“

Im Oktober konnte Julia Krajewski ihren 24. Geburtstag feiern. Die junge Frau hat schon viel erreicht im Vielseitigkeitssport. (Gold-)Medaillen bei den Ponys, Junioren und Jungen Reitern gehören dazu wie die Teilnahme an den Europameisterschaften in Luhmühlen 2011 als Einzelreiterin. Leider verletzte sich damals ihr Pferd, sodass ein größerer Erfolg verwehrt blieb.

In diesem Jahr konnte sie mit ihrem neuen Pferd London-Return OLD solch große Erfolge feiern, dass eine Nominierung für den letzten Nationenpreis der Saison – das CCIO Boekelo – erfolgte, bei dem sie mit der deutschen Mannschaft den ersten Platz belegte. Außerdem gewann sie die Wertung für den besten Vielseitigkeitsreiter U25 und darf damit bei Bundestrainer Chris Bartle in Großbritannien trainieren.

Wie sie ihre Liebe zu Pferden entdeckte, was London-Return OLD zum Top-Pferd macht und was sie sich für die kommende Saison vorgenommen hat, hat sie mir im Interview exklusiv berichtet.

Gerade haben Sie mit London Return einen großen Erfolg beim CCIO Boekelo feiern können – mit der Mannschaft der Sieg, im Einzel Platz 14. Wie haben Sie es erlebt, in einer solch starken deutschen Mannschaft – mit Michael Jung, Bettina Hoy und Ingrid Klimke, allerdings mit jungen Pferden – zu starten?

Julia Krajewski: Ich finde es ist immer eine Ehre für ein Team reiten zu dürfen, weil es ja zeigt, dass die Trainer Vertrauen in mich und mein Pferd setzen. Natürlich bedeutet es auch immer ein Stück weit Verantwortung zu übernehmen, beziehungsweise, wie in diesem Jahr, auch mal einen sehr späten Startplatz (109.) zu haben, aber das gehört dann dazu! Mit Ingrid, Michi und Bettina im Team zu sein, ist dazu schon etwas Besonderes. Allerdings kennt man sich ja jetzt schon einige Jahre und die erfahreneren Reiter haben immer ein offenes Ohr oder einen Tipp für uns ‚Nachwuchs‘, sodass man sich gut aufgehoben fühlt!

 

Julia Krajewski

Julia Krajewski – © Alexandra Koch

Wie fällt insgesamt Ihre Saisonbilanz aus? Womit sind Sie zufrieden, was hätte besser laufen können?

Julia Krajewski: Mit London bin ich sehr zufrieden, denn wenn man ein neues Pferd bekommt, gerade wenn es schon einige Erfahrung hat, weiß man ja nie so genau, wie schnell man zusammen findet. Abgesehen von einer Ausnahme in Marbach, wo uns im Gelände noch ein kleines Missgeschick unterlief, hatten wir sehr konstante Ergebnisse und darauf kam es zunächst an. Mit einigen ***-Platzierungen, dem Gewinn des U-25 Förderpreises und dem tollen Abschluss in Boekelo bin ich daher sehr zufrieden, will mich aber im nächsten Jahr natürlich noch steigern. Meine jüngeren Pferde haben sich in dieser Saison gut präsentiert, allein für Lost Prophecy ist die Saison nach gutem Beginn nicht so optimal verlaufen. Aufgrund einer leichten Verletzung vor dem CCI*** in Bramham musste er etwas pausieren und wäre jetzt zwar wieder fit, nur leider ist die Saison vorbei…

 

Wie geht es bei Ihnen nun im Winter weiter, wie bauen Sie Ihre Pferde für die nächste Saison auf?

Julia Krajewski: London hat zunächst etwas Pause, beziehungsweise betreibt ‚Aktive Erholung‘, das heißt er hat ausgiebigen Weidegang (noch ausgiebiger als sonst) und wird leicht bewegt. Die jüngeren Pferde bleiben grundsätzlich in Arbeit, wenn auch nicht so intensiv wie bisher. Ich versuche wann immer die Witterung es zulässt draußen zu reiten, und fange ab Anfang Dezember an, systematisch die Basiskondition wieder aufzubauen. Das heißt, ich gehe zunächst viel Traben, später auch mal locker Galoppieren auf möglichst unterschiedlichen Böden (Wald, Straße, Wirtschaftswege, Gras, Sand), um die Pferde an die Belastung zu gewöhnen, die Trittsicherheit zu verbessern und für Abwechslung zu sorgen. Das machen alle Pferde. Zwischendurch wird natürlich auch dressurmäßig gearbeitet, was ab Januar zusammen mit dem Springtraining intensiviert wird. Je nachdem wann der erste größere Einsatz ist, fange ich circa Mitte Februar mit dem gezielteren Konditionstraining an, das heißt Galoppieren über längere Strecken und/oder am Berg. Und gehe dann hoffentlich top vorbereitet in die neue Saison…




 

Seit diesem Jahr ist London-Return bei Ihnen und ein echter Hoffnungsträger für Sie. Wie kamen Sie zu diesem Pferd und was ist das Besondere an ihm?

Julia Krajewski: London-Return OLD wurde ja vorher von Ina Tapken geritten, die ich als unsere Landestrainerin in Weser-Ems schon lange kenne. Letztes Jahr in Boekelo hat sie mich angesprochen, ob London nicht vielleicht etwas für mich wäre und nach einigen Gesprächen mit den Trainern habe ich ihn ausprobiert und es hat auch direkt sehr gut harmoniert. Das DOKR hat ihn dann für mich erworben und dafür bin ich auch sehr dankbar! Er ist ein Pferd mit unheimlich viel Springvermögen, was einem natürlich sowohl im Gelände als auch im Springen zu Gute kommt, sodass man sich über die Abmessungen schon mal keine Gedanken mehr machen muss. Ich muss zusehen, dass er immer motiviert bleibt und sich nicht langweilt, aber dann ist er ein toller Kämpfer und ich bin wirklich gespannt was wir zusammen noch alles erreichen können!

 

Im vergangenen Jahr konnten Sie erstmals an einer Europameisterschaft der Senioren in Luhmühlen teilnehmen. Leider verletzte sich dabei Ihr Pferd After The Battle so sehr, dass er in Rente geschickt werden musste. Wo ist er heute und wie geht es ihm?

Julia Krajewski: Das war damals eine sehr emotionale Erfahrung für mich, da ‚Buddy‘ ein wirklich besonderes Pferd für mich ist, und wir eine sehr spezielle Beziehung haben. Glücklicherweise hat er sich recht gut erholt und steht bei meiner Mutter in Holstein mit einem anderen Rentner auf der Weide. Er ist lahmfrei, wird auch hin und wieder mal ausgeritten und scheint mit sich und der Welt sehr zufrieden…

 

In diesem Jahr konnten Sie die U25-Wertung der jungen Vielseitigkeitsreiter, die über mehrere Stationen ging, für sich entscheiden. Lohn dafür ist ein Trainingsaufenthalt bei Chris Bartle – nicht ihre erste Reise nach England zum Co-Bundestrainer… Was denken Sie, wie dieser erneute Trainingsaufenthalt Sie weiterbringen wird und wann geht es eigentlich nach England?

Julia Krajewski: Meine letzte Reise nach England ging ja über 8 Wochen und hat auch viele Turnierstarts beinhaltet. Dieser Aufenthalt wird auf jeden Fall kürzer sein, allerdings gibt es noch keine genaue Planung. Ich könnte mir vorstellen, neben London zum Beispiel noch zwei junge Pferde mitzunehmen und mit denen einige One-Day-Events zu reiten, damit sie in kurzer Zeit einige Erfahrung sammeln können. Mit London würden wir uns dann hauptsächlich auf Training konzentrieren, ohne den Druck einer großen Prüfung zu haben, vor der man ja ungern etwas verändern oder probieren möchte. Sinnvollerweise wird das irgendwann im nächsten Frühjahr sein, einen genauen Termin gibt es aber noch nicht. Das muss ja sinnvoll in meine Saison passen und auch in Chris Planungen… Da London und ich dann ein gutes Jahr zusammen unterwegs sind und uns eingespielt haben, können zwei Wochen intensives Arbeiten in allen Disziplinen einen großen Schritt bedeuten.

Grundsätzlich glaube ich, dass diese Serie einen großen Beitrag dazu leisten kann, die jüngeren Reiter eher im ***-Bereich zu etablieren. Die Stationen verteilen sich sinnvoll über ** und ***-Prüfungen über die ganze Saison und geben sozusagen die Richtung vor. Außerdem finde ich es klasse, dass es Menschen wie Prof. Dr. Heike gibt, die sich mit so viel persönlichem Engagement für den Nachwuchs einsetzen!

 

Sie haben die gesamte Laufbahn vom Ponysport über Junioren, Junge Reiter, die Perspektivgruppe mitgenommen – denken Sie, dass sie dank des deutschen, sehr ausgereiften Systems für junge Vielseitigkeitsreiter so weit gekommen sind?

Julia Krajewski: Ich bin sicherlich den ‚klassischen Weg‘ gegangen und von außen betrachtet sieht es vielleicht so aus, als wenn immer Eins ins Andere überging. Tatsächlich gab es aber rückblickend betrachtet unheimlich viele Zufälle, Vorkommnisse und vor allem Personen die mich unterstützt und an mich geglaubt haben, ohne die das ganze ‚System‘ gar nicht funktioniert hätte. Da sind natürlich in erster Linie meine Eltern, die, obwohl sie gar nicht aus dem Pferdesport kommen, immens viel Zeit, Geld und Energie in mich und die Pferde investiert haben und selbst dafür oft zurückgesteckt haben, was bestimmt nicht immer leicht war und wofür ich sehr dankbar bin. Dann ist da das DOKR, das mit der ‚Erfindung‘ der Perspektivgruppe einen großen Beitrag zum Erfolg der deutschen Vielseitigkeit geleistet hat und mir damit auch eine Riesenchance gibt und mich sehr unterstützt! Und natürlich eine Vielzahl an Trainern und ‚Unterstützern‘, die ihren Teil beitragen oder beigetragen haben. Hier möchte ich einmal Rüdiger Schwarz nennen, der mir seit Jahren mit Rat und Tat zur Seite steht, die ein oder andere Lanze für mich bricht oder auch mal sagt wo es lang geht!

Am Ende kommt es wohl aber darauf an, was man selber möchte und bereit ist dafür zu tun, damit das ‚System‘ funktioniert. Statt zum Kindergeburtstag bin ich halt früher auch mal zum Dressurtraining gefahren und in Warendorf setzt man sich auch nicht ins gemachte Nest. Ich bin zwar stolz auf das, was ich bisher erreicht habe, bei der momentanen Leistungsdichte in unserem Sport wird es aber jetzt im Seniorenlager erst richtig ernst und mein Ziel ist es auch dort voll mithalten zu können. Ich würde also sagen, dass ich zwar absolut von unserem Nachwuchssystem profitiert habe, von alleine ging es aber, wie eigentlich fast immer im Leben, nicht. Und wir dürfen uns auch nicht darauf ausruhen, denn gerade in den vergangenen Jahren konnte man vor allem im Pony und Juniorenbereich sehen, dass es schwerer wird, genügend wirklich guten Nachwuchs zu finden und auch dauerhaft zu fördern als vielleicht noch vor ein paar Jahren.

 

Wenn Sie zurückdenken, welches war der schönste Erfolg Ihrer Karriere?

Julia Krajewski: Das finde ich immer schwierig zu sagen… Total unerwartet war damals der Doppelgold-Erfolg in Vejer de la Frontera bei den Ponys (2001), danach dachte ich ‚hey, das geht ja alles total einfach‘..! Jedes Championat hat seine eigenen Erinnerungen und jede Medaille hat etwas Besonderes. In spezieller Erinnerung wird mir auch immer der 2. Platz beim Weltcup-CIC*** in Malmö im letzten Jahr mit After the Battle bleiben. Dort passte einfach alles und wir konnten wirklich zeigen, was wir zusammen drauf hatten, im Nachhinein war es dann auch mein letzter Geländeritt mit ihm, das macht es nochmal spezieller. Oft sind es aber auch die nicht so offensichtlichen Erfolge, über die man sich freut! Wenn ein junges Pferd einem das erste Mal das Gefühl gibt, richtig Spaß im Gelände zu haben und einmal ein Großer werden zu wollen oder als London so easy durch das anspruchsvolle CIC***-Gelände von Luhmühlen in diesem Jahr gelaufen ist. Danach war ich unheimlich glücklich darüber, dass wir uns schon so gut aufeinander eingespielt hatten. Die großen Erfolge sind natürlich immer das Ziel, aber gerade die kleinen Momente sind es, die mich motivieren immer weiter zu machen.

 

Gibt es einen Moment in Ihrer Reitkarriere, den Sie in Erinnerung behalten haben, weil er etwas ganz Besonderes war?

Julia Krajewski

Julia Krajewski – © Alexandra Koch

Julia Krajewski: Für die Frage gilt eigentlich ähnliches wie für die Vorhergegangene. Diese Momente gab und gibt es immer wieder. Mein erstes M-Gelände mit Leading Edge damals im Finale der 6-jährigen auf dem Bundeschampionat 2004, mein erstes CCI*** in Boekelo mit After the Battle 2010 und natürlich die EM im letzten Jahr. Unglückliche Momente gehören auch dazu…, die vergisst man ebenfalls nicht.

 

Bis vor kurzem waren Sie in der Sportfördergruppe der Bundeswehr – wie kam es zu der Entscheidung, dieses Angebot wahrzunehmen?

Julia Krajewski: Das hat sich eigentlich ganz logisch ergeben. Ich bin ja 2007 nach dem Abitur nach Warendorf gegangen und habe zunächst meine Lehre zum Pferdewirt gemacht, die ich 2009 abgeschlossen habe. Dann war die Sportfördergruppe mit der Möglichkeit, sich erst mal voll auf den Sport konzentrieren zu können natürlich eine tolle Gelegenheit, die ich gerne wahrgenommen habe. Die Bundeswehr leistet mit ihren Sportfördergruppen sowieso einen großen Beitrag zum deutschen Spitzensport insgesamt, damit wird für viele Sportler einiges leichter.

 

Wie sehen nun Ihre Zukunftspläne in Beruf und Sport aus?

Julia Krajewski: Seit dem 1.10. bin ich halbtags bei der FN als Nachwuchsführungskraft in der Abteilung Ausbildung und Wissenschaft tätig. Parallel absolviere ich das Studium zum Diplomtrainer an der Trainerakademie in Köln. Da das berufsbegleitend stattfindet, sind es aber nur vier Tage im Monat. Im Vergleich zur Sportfördergruppenzeit hat sich damit natürlich einiges verändert und ich habe meine Pferde auch erst mal reduziert, um dieser ‚Doppelbelastung‘ gerecht werden zu können. Ich möchte mich aber nicht nur auf das Reiten verlassen müssen, sondern mir eine möglichst breite Basis schaffen, auf die ich aufbauen kann und glaube, dass jetzt die richtige Zeit dafür ist. Nach dem Motto was man hat, hat man. Ich bin auch davon überzeugt, dass mit einem guten Team und dem richtigen Zeitmanagement der sportlichen Leistung damit kein Abbruch getan wird. Das wird voraussichtlich bis Ende 2015 gehen, dann werde ich sehen wo ich stehe und wie die Planung weitergeht. Sportlich ist mein Ziel mich im ***- und ****-Bereich zu etablieren und hoffe natürlich, dass mein Championatseinsatz im letzten Jahr nicht der Letzte bleiben wird…

 

Was ist Ihr sportliches Ziel für die kommende Saison?

Julia Krajewski: Ich würde gerne meine erste **** bestreiten und es auf die Longlist für die EM in Malmö schaffen.

 

Wie sieht ein typischer Tag im Stall bei Ihnen aus?

Julia Krajewski: Momentan spielt sich das mit der neuen Situation noch etwas ein. In der Regel komme ich jetzt um 1 in den Stall und reite dann die Pferde. Im Sommer oder wenn viel zu tun ist werde ich sicher auch vor dem Büro mal reiten. Für die Pferde hat sich nicht ganz so viel geändert. Die bekommen um halb 7 Frühstück und werden gemistet. Dann kommen alle Pferde, zusätzlich zum Reiten,  im Laufe des Tages auf die Weide und teilweise auch noch in die Führmaschine. Um 12 gibt’s Mittag und um ca. 17.30 Abendessen. Feierabend ist in der Regel so um 18 Uhr, in der Saison kann das natürlich auch ganz anders aussehen.

 

Gibt es  überhaupt noch Zeit, um mal etwas abseits der Pferde zu unternehmen? Wenn ja, was?

Julia Krajewski: Meistens dreht sich natürlich alles um die Pferde und den Sport und logischerweise hat man auch die meisten Freunde innerhalb des Sports. Am DOKR sind wir aber eine lustige Truppe und unternehmen auch viel zusammen. Ich geh gern ins Kino und vor allem im Winter versuche ich meine Familie mal öfter zu sehen. Sollte Zeit für Urlaub sein, ist Skifahren traditionell meine erste Wahl!

 

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto?

Julia Krajewski: Eigentlich kein bestimmtes. Aber wenn ich eine Sache anpacke, dann auch aus voller Überzeugung und von ganzem Herzen!

 

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würde das sein?

Julia Krajewski: In erster Linie natürlich Gesundheit für Zwei- und Vierbeiner, aber ich fände es ziemlich cool Gedanken lesen zu können. Das wäre glaube ich ziemlich interessant…

Vielen Dank Frau Krajewski. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und ein fantastisches Jahr 2013. Das Interview führte Alexandra Koch

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